An das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Litauens! Durchschriften:

   — an den Verlag »Vaga« in Vilnius

   — an die Redaktion von »Tiesa« (die Wahrheit)

   — an die Redaktion von »Komjaunimo tiesa« (die Wahr­heit der Komsomolzen)

Mit diesem Schreiben möchte ich die Aufmerksamkeit des ZK der Kommu­nistischen Partei Litauens auf eine anormale, schmerzliche und schädliche Sache, einen Fakt richten, nämlich, auf das Rowdytum, das von der sowjeti­schen Presse verbreitet wird. Nicht nur der Faustschlag wirkt verletzend, — verletzender ist eine lügenhafte Beschuldigung, Erdichtung und Verleum­dung. Ein Rowdy ist nicht nur der, der einen Unschuldigen überfällt und verprügelt, — nicht nur der, der das Gesicht bespuckt und die Kleidung mit Dreck bewirft, — der einen Menschen verleumdet und ihm irgendwelche, nie dagewesene, erdachte Beschuldigungen vorwirft, die den Namen eines unbescholtenen Menschen beschmutzen.

Solch Rowdytum ist haufenweise im Büchlein »Be iliuziju« (Ohne Illusionen) von Bronius Jauniškis zu finden, welches vom Verlag »Vaga« vor einem Jahr herausgegeben wurde. In ihm wirft der Autor mit schwindlerischer Aufdringlichkeit, völlig unschuldigen Menschen häßliche Beschuldigungen vor. Ich schreibe hier über mir gut bekannte Personen und über bekannte Ereignisse, die auf grobe Weise geschmäht und von Jauniškis verdreht wer­den, besonders im Kapitel »Užgesinta sviesa« (Das ausgelöschte Licht).

Seit 1925 kamen die Jesuiten in Kaunas in ihrem Internat jährlich für mehrere mittellose Jugendliche auf und unterrichteten sie in ihrem Gymnasium. Den Vorrang hatten die, die den Wunsch äußerten, später einmal ins Kloster zu gehen. Nach Beendigung des Gymnasiums, wurden sie aufgefordert, wenn sie nicht in das Kloster eintraten, nach Möglichkeit für das Internat und den Unterricht aufzukommen, damit andere für dieses Geld sich weiterbilden konnten. Es wurde niemandem eine Frist gesetzt, und von keinem wurde das Geld durch Zwang oder über einen gerichtlichen Weg eingefordert.

1926 kam Juozas Misiūnas in das Jesuitengymnasium nach Kaunas. Er hatte vier Schulklassen beendet und äußerte den Wunsch weiter zu lernen und später ins Kloster einzutreten. Man nahm ihn auf — vier Jahre lang wurde er auf Kosten des Klosters unterrichtet und unterhalten. 1930 beendete er das Gymnasium, und Anfang Herbst trat er in das Noviziat der Jesuiten in Pagryžuvys ein. Als die Absolventen des Noviziats nach zwei Jahren, nach Ablegung der Gelübde, nach Holland fahren und dort das Studium der Philosophie aufnehmen mußten, fühlte sich Misiūnas noch unvorbereitet und zeigte kein Interesse. Die Vorgesetzten, die die großen Studienanforderungen kannten, hatten Angst, daß Misiūnas aufgrund seines schwachen Gesund­heitszustands und mit nur durchschnittlicher Begabung, es nicht schaffen würde. Man kann sich schnell überanstrengen und erkranken, — deswegen gestattete man ihm, sich noch ein Jahr darauf vorzubereiten, Fremdsprachen zu erlernen und sich physisch zu stärken. Zu diesem Zweck schickte man ihn nicht nach Valkenburg (Holland), sondern nach Mittelstein (Schlesien). Aller­dings war Misiūnas auch nach diesem Jahr genauso schwach und am Studium uninteressiert. (Er war nicht krank, die Ärzte fanden keine Krankheit in ihm). Daraufhin schickte man ihn nach Kaunas und hier war er im Schuljahr 1933/34 als Präfekt im Jesuiteninternat in Kaunas für Schüler der unteren Klassen tätig. Zu dieser Zeit war ich Lehrer an diesem Gymnasium und Student an der Universität, mit Misiūnas traf ich mich fast täglich. Nur sehr schwer gelang es ihm, für Ordnung und Disziplin zu sorgen. Im Sommer 1934 gab Misiūnas endlich zu, daß er, nachdem er das Gymnasium absolviert habe, nie hätte ins Kloster eintreten wollen. Eingetreten sei er nur aus Pflichtgefühl, denn vier Jahre lang wurde er umsonst unterhalten und unter­richtet. Dann wurde ihm gesagt: »Du bist hier fehl am Platz. Warum hast du das nicht vor vier Jahren gesagt. Es wird niemand gezwungen ins Kloster einzutreten, und das unter Zwang abgelegte Gelübde ist ungültig.« Nachdem Misiūnas von den Gelübden entbunden wurde, fuhr er fort. Wie ich hörte, studierte er einige Zeit an der Universität Philologie, und später soll er unterrichtet haben.

Was hat Jauniškis daraus gemacht? Ohne das Klosterleben zu kennen und um die Wahrheit unbekümmert, hat er seiner ungezügelten Phantasie freien Lauf gelassen. Diese nannte er in der Einführung seines Büchleins »Intuition«, — man hätte Misiūnas im Kloster sogar bis zur Ohnmacht überlastet und mißhandelt; und schließlich, da er in Holland dem Freidenker Minauris nicht zugesetzt und nicht scharf kritisiert, — habe man ihn angeblich ent­kleidet, an einen Pfahl gebunden und bis zur Ohnmacht grauenhaft gegeißelt. Daraufhin sei er erblindet, wurde nach Litauen zurückgebracht und hier habe ihn Rektor Kipas, als arbeitsuntauglich, aus dem Kloster herausgeworfen. (Seite 71—72).

All das ist gröbste Lüge und Verleumdung. Niemand wird in Klöstern ge­geißelt und gefoltert. Ich selber habe 24 Jahre im Kloster verbracht (bis zur Schließung der Klöster — Anmerkung d. Red.), davon 10 Jahre in West-Europa (in den Jesuiten-Klöstern in Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich), fast 7 Jahre (von 1942 bis 1949) habe ich die Jesuiten-Klöster in Pagryžuvys und Šiauliai geleitet. Also habe ich das Recht zu behaupten, daß ich die Art und den Geist des Klosterlebens gut kenne, — aber über irgendwelche Geißelungen und Folterungen habe ich niemals und nirgendwo etwas gehört. Der Geist und die Ordnung des Klosters selbst stehen solchen Sachen diametral gegenüber. Außerdem wohnen in Litauen eine ganze Reihe Männer, die kürzer oder länger in Jesuiten-Klöstern gelebt haben. Ob jemals einer von ihnen gehört hat, daß jemand an den Pfahl gebunden und gegeißelt worden wäre?

Richten wir die Aufmerksamkeit auf die falschen Behauptungen von Jauniškis (solch unwahre Behauptungen sind fast auf jeder Seite zu finden, manchmal sogar einige hintereinander; schon auf Seite 21 habe ich mehr als 40 gezählt).

Jauniškis behauptet, daß Misiūnas, mit dicken Brillengläsern aus Holland nach Kaunas zurückgekehrt, von Kipas ausgeschimpft wurde und er ihm befohlen hatte, einen Antrag auf Entlassung aus dem Kloster zu stellen.

Misiūnas ist niemals in Holland gewesen. Eigenartig, daß Jauniškis nicht weiß, daß Schlesien nicht in Holland, sondern in Polen liegt (hier zeigt sich sein Bildungsgrad) und daß der südliche Teil Schlesiens bis zum Zweiten Weltkrieg zu Deutschland gehörte, — in diesem Teil befindet sich auch Mittelstein, wo Misiūnas sich ein Jahr lang aufgehalten hatte. Aus Schlesien nach Kaunas kam Misiūnas mit gesunden Augen wieder, — eine Brille brauchte er nicht. Um sich eine Brille anzuschaffen, werden keine Hindernisse in den Weg gelegt, — jeder, der eine Brille braucht, bekommt sie. Während meiner Studienzeit habe ich die Brille sogar vier Mal gewechselt, und niemand hat mir auch den geringsten Vorwurf gemacht oder Unzufriedenheit darüber gezeigt. Misiūnas hat seine Gesundheit im Kloster nicht verloren und war arbeitstauglich. Aus Schlesien zurückgekehrt war er noch ein Jahr lang Leiter einer Abteilung, und nach seinem Austritt konnte er studieren und unter­richten.

In den Klöstern gibt es keine Karzer und keinem droht man damit, so wie es Jauniškis gerne hätte (auf Seite 27 — »Du wirst im Karzer ver-1 faulen«). Wer nicht Ordensmann sein will, der kann jederzeit selber austre­ten. Wer dazu untauglich ist, wird entlassen, genauso, wie es auch anderswo gemacht wird. Auch im kommunistischen System werden Leute aus der Arbeit, aus Schulen und aus der Partei entlassen, — und keiner hält dies für ein Verbrechen. Warum also soll nicht jemand, der durch einen Fehler in das Kloster gelangt ist, — ein untaugliches Mitglied, — entlassen werden?

Jauniškis behauptet, daß alle Vorgesetzten von Misiūnas Offiziere des Kai­serreiches Deutschland waren. In Wirklichkeit hat keiner von ihnen eine Kriegsausbildung durchlaufen und keiner von ihnen hatte eine Waffe in den Händen gehalten, also waren sie auch keine Offiziere. Als der Erste Welt­krieg ausbrach, wurden nicht nur Zivilisten, sondern auch Geistliche einbe­rufen. Priester wurden den Soldaten als Kapläne zugeteilt, — sie mußten für katholische Soldaten die Messe lesen, die Sakramente spenden, Verwun­dete und Kranke besuchen, sie mußten ihnen helfen, den Kontakt zu den Verwandten aufrechtzuerhalten und die Toten zu beerdigen. Und die Kleriker betätigten sich nur als Sanitäter in den Militärhospitälern. Nicht nur einmal habe ich zwei große Alben voll mit Fotos des 72. Feldlazarettes durch­blättert, das von deutschen Jesuiten-Klerikern versorgt wurde. Als Atheist erkennt Jauniškis keine Wunder an. Aber auf den Seiten 67 bis 69 hat er ein großes Wunder entstehen lassen, nämlich: Misiūnas, der gerade nach Holland gereist war und die holländische Sprache nicht gelernt hatte, kann sich frei mit den Einheimischen auf holländisch unterhalten, — ver­steht die atheistische Sprache des Holländers Minauris sehr gut und verspürt die Pflicht, ihn zu kritisieren, er bekommt Bedenken, da er »nicht so glaub­würdig wird reden können« (Seite 69). Misiūnas, dem es schwer fiel, Fremd­sprachen zu lernen, erhält plötzlich das »Sprachengeschenk« und spricht frei holländisch, ohne die Sprache gelernte zu haben.

So wie das Kapitel »Užgesintos šviesos« (Die ausgelöschten Lichter) voll von Lüge und Verfälschung ist, so sind auch die anderen Kapitel. Aber wenn man die Kapitel »Mokslo beieškant« (Auf der Suche nach Wissenschaft) und »Elgetaujant« (Als Bettler) liest, scheint es, daß in ihnen nicht einmal fünf Prozent Wahrheit zu finden ist, — vom Anfang bis zum Ende alles Fantasie und Lüge. Hier lügt nicht nur Bronius Jauniškus, sondern auch seinen Vater macht er zum Lügner. Er schreibt: »Mein Vater sagte gerne, daß die Mönche richtige Ausbeuter und Parasiten seien. Es ist ekelhaft anzu­sehen, wie sie ohne jegliche Arbeit durch die Dörfer schlendern und, in den Händen den Rosenkranz drehend, im Namen Gottes den Armen die letzten Groschen entlocken« (Seite 127). »Früher, als ich durch die Dörfer als Schneider gegangen bin, traf ich solche. Ich ging einer anständigen Arbeit nach, und sie bettelten. Jung und gesund, murmeln sie den Rosenkranz und öffnen ihre Beutel. Eine Schande«, — solche Worte legt Bronius Jauniškis seinem Vater in den Mund. Es ist tatsächlich eine Schande, daß er seinen Vater öffentlich schmäht. Wann hat der Vater von Jauniškis die bettelnden Mönche gesehen? Wann ging er als Schneider durch die Dörfer? Bronius Jauniškis ist 1920 geboren, und sein Vater ging als Schneider herum, wahr­scheinlich bevor er eine Familie gegründet hatte, also noch vor 1920. Aber zu der Zeit gab es in Litauen knapp einige ältere Franziskaner in Kretinga und einige marianische Priester, — aber diese hatten mehr als genug in den Kirchen zu tun, und keiner von ihnen hat gebettelt. Also konnte der Vater von Jauniškis auch keine bettelnden Mönche antreffen. Und junge Männer, die durch die Gegend gingen und ihre »Beutel öffneten«, gab es damals und auch später in Litauen nicht. Und keiner ging betteln aus Saldutiškis — weder Jauniškis, noch jemand anders, — schon deswegen, weil Jauniškis, wie er selber zugibt, kein Mönch gewesen ist, sondern nur eine Zeitlang im Kloster gelebt hatte, bis die Salesianer davon überzeugt waren, daß er nicht ins Kloster gehört und ihn höflich hinausgebeten haben.

In den Klöstern gibt es keinen Luxus, keine Teppiche oder Schmuckstücke. Alle essen das gleiche Essen und aus einem Topf. So war es auch in Sal­dutiškis. Hier ein Auszug aus dem Brief des Priesters Bronius Bulika: »Ja, ich bin in der Gemeinde Saldutiškis geboren, diente als Kind bei der Hl. Messe, als Gymnasiast besuchte ich während der Sommerferien die Kirche, und im Seminar stand ich dem Pater Gustas sehr nahe... In Saldutiškis gab es eine Filiale des Salesianer-Klosters. Es gab zwei Priester — Gustas und Žemaitis — und einige Laienbrüder. Wir aßen gemeinsam und immer aus einem Topf, an einem Tisch. Alle dasselbe... Keiner hat Unterschiede ge­macht. Alle zusammen. Das Zimmer von Gustas war sehr bescheiden. Ein schlichter Tisch, ein schlichtes eisernes Bett, ein großes Regal mit Büchern, ein Waschbecken, zwei einfache Stühle für die Gäste. Es gab nicht einmal ein Sofa. Keiner der Patres oder Brüder von Saldutiškis hat gebettelt, sie sammelten keine Spenden und haben um keinen Nachlaß gebeten. Die Ge­meinde war neu, die Menschen waren freigiebig. Ich erinnere mich, immer lag am Altar des Hl. Antanas Käse, Butter oder Eier. Die Menschen brachten es unaufgefordert.« (21. I. 1980)

Priester J. Žemaitis schreibt (der Brief wurde am 23. I. 1980 geschrieben): »Ich sehe keinen Grund um die >Bettelei< des Bronius Jauniškis in Saldutiškis zu erklären. Mir scheint, daß er eben selber jetzt bettelt...« In Saldutiškis mußte Jauniškis ein Diktat schreiben, um seine Fähigkeit für irgendeine Gymnasialklasse nachzuweisen. Als das Diktat korrigiert war, rief Jauniškis aus: »O Herr, mein Heft ist mit roten Strichen erblüht. Bruder Stasys hat mir eine Zwei (Fünf) zusammengedreht« (Seite 51). Damals fehlten Jauniškis Rechtschreibungskenntnisse, jetzt fehlt ihm der Gerechtig­keitssinn. Ein bankrottgegangenes Gewissen ist das größte Unglück des Menschen. Wenn wir heute die Manuskripte von Jauniškis korrigieren und in ihnen nach Wahrheit suchen würden, so würden sie nicht weniger mit roten Strichen erblühen und eine Zwei (Ungenügend) wäre eine zu gute Note. Und mit solch einem Kram wird die Jugend gefüttert!

Danguolė Repšienė, Mitarbeiterin der Propagandaabteilung der Tageszeitung »Tiesa« (die Wahrheit) ist ebenfalls in die Fußstapfen von Jauniškis getreten. Die »Iliuzijos« (Illusionen) von Jauniškis erklärt sie zur »Wahrheit über die Religion« (»Tiesa«, 21. 12. 1979), wo aber doch in Wirklichkeit nur Lüge und Schmähungen über die Religion verbreitet werden. Vor einigen Jahren schrieb sie (Repšienė) den Artikel »Inkvizicija smūtkelių salyje« (Inquisition im Lande des Schmerzensmannes) und ließ diesen in der »Tiesa« (die Wahr­heit) drucken. In ihm bot sie Valašinas, — angeblich sei er wegen des Atheismus bestraft und zu einem Monat Freiheitsentzug auf Bewährung ver­urteilt worden. In Wirklichkeit ist er nicht wegen Atheismus verurteilt worden, sondern, um Worte der heutigen Sprache zu gebrauchen, für das Rowdytum. Für Beleidigungen der Kommunistischen Partei oder der Kom­somolzen wird heute ebenfalls bestraft, nur mit wesentlich höheren Strafen. Zum Beispiel hat sich Vytautas Žemaitis, Meister einer Fabrik in Vilnius (wohnhaft in der Sevcenkos-Straße 10-2) während der Oktoberfeierlichkeiten 1962 in Sidabravas, Heimatstadt seiner Frau, schon angetrunken, ironisch über die KP und die Komsomolzen geäußert. Dieses traktierte man als Rowdytum und Ende desselben Jahres wurde V. Žemaitis verhaftet und zu zwei Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Die Strafe verbüßte er in einem häß­lichen Lager in Klaipėda. Wenn also die Verurteilung von Valašinas zu einem Monat mit der Inquisition verglichen wird, wie müßte man die Verurteilung von V. Žemaitis zu zwei Jahren Freiheitsentzug benennen? Sollte man sich hier nicht an die Worte Jesu über die Heuchler erinnern, die jeden Splitter im Auge ihres Nächsten sehen, und im eigenen den Balken nicht wahrneh­men. Verwunderung ruft hervor, daß die verantwortlichen Personen des Verlages »Vaga«, ohne die Fakten zu überprüfen, diese Schmähschrift von Jauniškis gedruckt haben. Wie konnten die Mitglieder des Klubs »Ave vita« (Balkevičius, P. Mišutis, A. Juška, R. Tidikis u. a. — »Tiesa« 21. 12. 1979) ihn positiv bewerten und an die Jugend weiterempfehlen. Das ist doch Be­trug, Irreführung und Zumnarrenhalten der Jugend. Seit wann sind Lüge und Verleumdung als positiv zu bewerten? Wie konnte VI. Balkevičius den Jauniškis einen » Propagandisten des wahren Atheismus« nennen (»Wahrheit der Komsomolzen« 18. 3. 1980). Ist die atheistische Wahrheit tatsächlich so niveaulos, voll von Lügen und Verleumdungen?

Solche Schmähschriften kompromittieren nicht nur ihren Autor, sondern auch die Zensoren dieser Artikel, die Presse selber und letztendlich auch die, die für sie verantwortlich sind — die ganze KP. Deswegen verlangen ernst­hafte sowjetische Aktivisten und Wissenschaftler, Unwahrheit und Verleum­dung im Kampf mit der Religion zu vermeiden. Lenin selbst hat damals gesagt: »Wie schmutzig müssen die Quellen derer sein, die den Kampf der Ideen in eine Verbreitung von Verleumdungen umwandeln.« Der sowjetische Akademiker S. D. Skazkin schrieb: »Nach dem Großen Vaterlandskrieg ver­breitete sich sehr weit die unmarxistische Auffassung, daß die Religion oft ein bewußter Betrug sei, und die Gläubigen (mit wenigen Ausnahmen) un­gebildete Menschen seien. Daraus folgerte man, daß es bei der Suche nach tiefen und exakten Verstandesargumenten keiner besonderen geistigen Be­mühungen bedarf, um die Religion zu kritisieren. Das kam dem Atheismus nicht zugute — es wendete sich gegen ihn. Ein oberflächiger Charakter in der Abwägung hauptsächlicher religiöser Probleme, eine schablonenhafte und geistige Armut in ihren »Widerlegungen«, und eine Unkenntnis des Lebens und der Gläubigen — das sind charakteristische Merkmale dieser Literatur, für die die Religion (hauptsächlich das Christentum) eine Dummheit darstellt. Und es wäre naiv zu hoffen, daß eine solche Kritik dem gegenwärtigen Wissenschaftsstand und den gesellschaftlichen Anforderungen entspräche (»Nauka i religija« — »Wissenschaft und Religion« 1966, Nr. 2).

Dasselbe verlangte seinerzeit auch der Vertreter des Zentralkomitees der Litauischen Kommunistischen Partei, P. Mišutis (16. 2. 1963): »Das wichtigste Prinzip der sowjetischen Presse — nur die Wahrheit schrei­ben . . . Die Partei verurteilt entschieden solche Journalisten, die sich an eine in der Vergangenheit herrschenden Regel halten: 5 Prozent Wahrheit — und schon kann man in die Zeitung schreiben. Es gibt keine fünfprozentige Wahrheit, es gibt nur eine hundertprozentige.«

 

Es gibt kommunistische Länder, in denen der Kampf gegen die Religion kultiviert geführt wird und in der Polemik keine grobe Lüge und Verleum­dung angewandt wird. Auch wird der Atheismus nicht mit Gewalt aufge­zwungen, die Kinder werden nicht genötigt und die Jugend wird nicht ge­schädigt. So ist es in der Deutschen Demokratischen Republik, Jugoslawien und Ungarn.

Im Glauben, daß solch ein moralisches Rowdytum nicht im Sinne der offi­ziellen Parteilinie ist, hoffe ich, daß solche und ähnliche »Werke« künftig nicht nur nicht mehr gedruckt, sondern daß man auch alle Aufzeichnungen, Artikel und Bücher von Jauniškis und ähnlichen Autoren, aus den Buch­handlungen und Bibliotheken entfernt, damit die Jugend nicht weiter ver­giftet und nicht mehr zum Narren gehalten wird. Bijutiškis, Kreis Molėtai,

10. September 1980        Priester Jonas Danyla

 

An den Verlag »Vaga« in Vilnius.

Kopie: An das Zentralkomitee der Litauischen KP.

Antwort auf die Antwort (Verkürzt — Anmerkung der Red.)

Am 6. November 1980 bekam ich im Amtsgebäude der Gemeinde Dubingiai, unter Teilnahme des stellvertretenden Vorsitzenden des Rayons Molėtai Gancierinė, der Korrespondentin der Zeitung »Pirmyn« (Vorwärts) Anta­navičienė und dem Vorsitzenden der Gemeinde Dubingiai Tursa, von dem Leiter der Abteilung für Jugendpropaganda des Verlages »Vaga« in Vilnius, Antwort auf mein Beschwerdeschreiben, das ich am 10. September desselben Jahres an das Zentralkomitee der Litauischen KP geschickt hatte, wegen des verleumderischen Büchleins von B. Jauniškis »Be iliuzijų« (Ohne Illusionen), das 1979 vom Verlag »Vaga« herausgegeben wurde. Kopie dieses Beschwer­debriefes war auch an den Verlag »Vaga« geschickt worden. Der Vertreter des Verlages »Vaga« erklärte sich bereit nur eine einzige von allen, in meinem Brief aufgeführten Beschuldigungen als richtig anzuerken­nen, nämlich, — daß Schlesien nicht in Holland, sondern in Polen liege. Er sagte, dieses sei nur ein »kleiner Fehler«, nur »ein Versehen«. Meine zweite Behauptung, — Misiūnas sei mit gesunden Augen nach Kaunas zurückgekehrt, versuchte der Vertreter von »Vaga« zu widerlegen indem er sagte, daß er (Misiūnas) sich wegen verminderter Sehfähigkeit beklagte. Misiūnas hätte eine Brille bekommen, wenn er sie gebraucht hätte. Letzt­endlich, wenn auch die Sehfähigkeit vermindert gewesen wäre, muß man daraus eine Tragödie machen? Schon in den Mittelschulen finden wir eine Reihe Schüler, die Brillen tragen, und keiner von ihnen fühlt sich benachteiligt oder geschädigt. Aber Jauniškis schreibt etwas ganz anderes: Misiūnas sei angeblich blind, mit dicken Brillengläsern nach Kaunas zurückgekehrt: in Wirklichkeit aber hat er weder mit dicken noch mit dünnen Gläsern jemals eine Brille gehabt, denn er benötigte keine.

Der Vertreter von »Vaga« versuchte auch meine dritte Behauptung zu wider­legen, nämlich, daß Misiūnas seine Gesundheit im Kloster nicht verloren hatte, zur Arbeit tauglich war und daß Kipas ihn nicht sofort entlassen hatte. Als Misiūnas 1933 aus Schlesien zurückgekehrt war, betätigte er sich ein ganzes Jahr lang als Abteilungsleiter im Schulinternat — als Präfekt. Ein Mensch, der gesundheitlich nicht auf der Höhe ist, hätte diese Arbeit nicht leisten können.

Der Vertreter von »Vaga« behauptete, daß die Gesundheit von Misiūnas geschädigt worden sei, denn er sei nervös geworden. Aber wieviele Menschen kann man heute treffen, die wesentlich nervöser sind, als es damals Misiūnas war, und die trotzdem und nicht selten sehr verantwortungsvollen Arbeiten nachkommen, die gesundheitsgeschädigte Leute nicht ausüben könnten. Fast täglich traf ich mich mit Misiūnas, und ich bemerkte nie, daß er übertrieben nervös gewesen wäre, — darüber beschwerte er sich auch selber nicht. In meinem Beschwerdeschreiben behauptete ich, daß es in den Klöstern keine Karzer gibt und keinem damit gedroht werde, so, wie es Jauniškis gerne haben möchte. Der Vertreter von »Vaga« wollte sich damit nicht einver­standen erklären, obwohl er das Faktum des Vorhandenseins dieser Karzer nicht beweisen konnte. Er sagte nur, daß irgendjemand erzählt hätte, es habe in Antalieptė, im Herz-Jesu-Kloster einen Karzer gegeben und jemand habe sogar die Gitter gesehen. Meine Antwort: Gitter gibt es nicht nur in Gefängnissen, sondern auch in Lagerhäusern. Während meines ganzen Le­bens als Ordensmann habe ich niemals gehört, daß es irgendwo im Kloster einen Karzer gegeben hätte. Und wozu auch wäre er notwendig gewesen? Wer kein Ordensmann sein will, der kann jederzeit austreten. Wenn Sie mir nicht glauben, so fragen Sie Juozas Stankaitis oder Kazys Urbonas (bekannte Atheisten Litauens, die früher im Noviziat eines Klosters waren — Anm. der Red.) — sie sollen zeigen, wo in Pagryžuvys oder Kaunas diese Karzer gewesen sind.

Der Vertreter von »Vaga« behauptete stur, Kipp und Bogner seien Offiziere des Kaiserreiches Deutschland, und Kipp sei zudem noch Agent der Nazis gewesen. Was ist ein Offizier? Im Wörterbuch der heutigen litauischen Spra­che finden wir folgende Definition: »1. Mitglied des leitenden Flotten- oder Armeepersonals, 2. Ein Mann des Krieges, Krieger. Solche müssen eine Kriegsausbildung oder ähnliches durchlaufen; sie leiten Militäreinheiten, füh­ren sie in den Kampf. Und wer war Kipp? Er war Militärpfarrer. Ärzte und Pfarrer werden mit Militärrängen versehen, (Offizier, Major, Oberst), aller­dings nur mit Rängen, ohne die Rechte und Pflichten eines Offiziers; eine Truppe zu leiten ist ihnen nicht gestattet, denn dazu fehlt ihnen die nötige Ausbildung. Die Ärzte behandeln Kranke und Verletzte und die Pfarrer zelebrieren Messen für die katholischen Soldaten, spenden die Sakramente, besuchen die Kranken und bestatten die Toten. Kipp war Pfarrer im Offi­ziersrang, eine Kriegsausbildung hat er jedoch nicht gehabt. Hier die wich­tigsten Daten seines Lebens. Er wurde am 4. Juni 1884 geboren. Mit 18einhalb Jahren beendete er das Gymnasium und studierte (1905—1908) Philosophie. 1908 fuhr er in die Mission nach Indien und arbeitete in Bombay als Gymnasiallehrer. 1912 kehrte er zurück und studierte Theologie. 1915 wurde er zum Priester geweiht und am 12. Februar wurde er mobilisiert und als Militärpfarrer eingesetzt. Nach Ende des Krieges setzte er sein Theolo­giestudium fort, anschließend arbeitete er eine Zeitlang in Essen und am 20. Juni 1923 kam er nach Litauen. Wann also konnte er eine Militäraus­bildung durchlaufen haben? Und was für ein Offizier kann er sein ohne diese Ausbildung?

Bogner hatte keinen Offiziersrang. Geboren wurde er 1893 und nach Be­endigung des Gymnasiums im Frühjahr 1913, trat er sofort in das Jesuiten­noviziat ein. Zu Kriegsbeginn wurde er mobilisiert und zusammen mit den anderen Klerikern arbeitete er als Sanitäter im 72. Feldlazarett. Nach dem Krieg beendete er das Noviziat, studierte Philosophie und Theologie, — 1928 kam er nach Litauen. Eine Militärschule hat er also nicht durchgemacht und hatte auch keinen Offiziersrang.

Nicht geringer ist der Fehler auch bei der Behauptung, Kipp sei Agent der Nazis gewesen. Es ist genauso unsinnig wie wenn jemand behaupten würde, er wäre Agent des Kommunismus gewesen. Die Nationalsozialisten (Nazis) waren Atheisten. Ihnen war es streng untersagt, irgendeiner religiösen Ge­meinschaft anzugehören. Sie haben mit allen möglichen Mitteln die Kirche nicht nur eingeengt, sondern auch verfolgt: Sie verstaatlichten alle privaten katholischen Schulen, Krankenhäuser, Heime und Kindergärten, — nach und nach liquidierten sie die ganze religiöse Presse; sie verhafteten Tausende von Geistlichen und brachten sie in Konzentrationslager. Sie ermordeten mehr als 4000 Priester und Ordensleute — allein im Lager Dachau wurden mehr als 1100 Priester umgebracht — das ist der größte Priester-Friedhof der Welt. In der Nazipresse wurden die Gläubigen, besonders die Katholiken und ihr Oberhaupt — der Papst ständig verhöhnt und diskriminiert. Sie verboten alle religiösen Organisationen. Papst Pius XI, der das alles mitsah, bekräftigte 1936 wiederholt, daß der größte Feind der Katholischen Kirche nicht der Bolschewismus ist, sondern der Nationalsozialismus. An einem Sonntag im März 1937 war in allen katholischen Kirchen Deutschlands ein entschiedener Brief des Papstes »Mit brennender Sorge« verlesen worden, in dem die nationalsozialistische Auffassung und Taktik aufs strengste verurteilt wurde (die litauische Übersetzung dieses Briefes wurde in der Juni-Nummer von »Tiesos kelias« (Weg der Wahrheit) 1937 veröffentlicht. Danach wurde in allen katholischen Priesterseminaren ein antinazistischer Vorlesungskurs eingeführt, in dem die antichristliche und antireligiöse Weltanschauung und Taktik der Nazis kritisiert und verurteilt wurde. (In litauischer Sprache ver­öffentlichte der Bischof Mečislovas Reinys zu diesem Problem eine Reihe Artikel im »Tiesos kelias« (Weg der Wahrheit). Als Hitler im April 1938 in Rom war, befahl Papst Pius XI. sämtliche Museen des Vatikans zu schhe-ßen. Er sagte: »Ich möchte nicht, daß Leute mit Hakenkreuzen durch den Vatikan spazieren.« Als dann circa einen Monat später, in der Hauptstadt Ungarns, Budapest, der Eucharistische Weltkongreß stattfand, schloß Hitler aus Rache, für die Zeitdauer des Kongresses, die Reichsgrenze nach Ungarn und niemand konnte aus Deutschland oder Österreich an diesem Kongreß teilnehmen.

 

In der Presse der Nazis (in verschiedenen »Beobachter«) waren ziemlich oft Karikaturen des Papstes zu sehen, auch konnte man die Behauptung lesen, daß angeblich »der Vatikan, zusammen mit dem Kreml, gegen das national­sozialistische Deutschland vorgehen würde«. (Und jetzt behaupten die Kom­munisten, der Vatikan hätte sich zusammen mit den Nazis gegen den Bol­schewismus aufgelehnt, — in Wirklichkeit war der Vatikan weder auf jener noch auf dieser Seite, — denn ihre atheistische Weltanschauung läßt sich mit dem Christentum nicht vereinbaren).

 

Zu Beginn der Naziherrschaft, als die religiöse Literatur noch nicht ganz liquidiert war, kritisierte 1935 der Jesuit Ludwig Koch eines der wichtigsten Werke der Naziweltanschauung, nämlich: »Der Mythos des zwanzigsten Jahrhunderts« von Alfred Rosenberg. Rosenberg bezeichnete das Christen­tum als Mythos. Diese und andere Fakten — z. B. die Judenvernichtung, die Ermordung unheilbar und psychisch kranker Menschen — allen klardenken­den Menschen zeigt dies, daß die Katholische Kirche absolut nicht mit der nazistischen Weltanschauung zu vereinbaren ist.

 

Darüber schweigen sich die sowjetischen Schulen und die Presse aus, und oft wird Gegenteiliges gelehrt: angeblich seien die Nazis religiös gewesen und zusammen mit dem Papst seien sie gegen den Bolschewismus gewesen. Hier erinnerte die stellvertretende Vorsitzende des Rayons Molėtai, Gančierienė, an die Gürtelschnallen der deutschen Soldaten, die die Auf­schrift »Gott mit uns« trugen, — das wäre der Beweis, daß die Nazis gläubige Menschen gewesen seien. In Wirklichkeit war alles anders. Die Nazis, die sich eilig für den Krieg rüsteten, sparten Material, Leute und Zeit, deswegen haben sie die alten Gürtelschnallen der Kaiserzeit nicht abgeändert, denn dafür hätte man einige Millionen Mark hinausgeworfen, viele Leute beschäf­tigen und Zeit vergeuden müssen; außerdem wollten sie die Gläubigen nicht mehr gegen sich aufbringen (ähnlich wie die Bolschewiken, die um die Gläubigen heranzuziehen, 1942 die geschlossenen orthodoxen Kirchen wieder öffneten und fast alle Popen aus den Lagern entließen). Aber die neuen Gürtelschnallen waren schon ganz anders — anstatt der alten Aufschrift war ein Hakenkreuz zu sehen. Und noch ein Faktum. Als die Deutschen 1941 Litauen besetzten, wollte Pater Kipp nach Kaunas kommen, aber er bekam keine Genehmigung. Der Grund für diese Absage war folgender: »Da er 17 Jahre in Litauen gelebt hat und in Kreisen der Intelligenz einflußreich war, hat er seinen Einfluß zu Zwecken Deutschlands nicht genutzt.« Und später hat Pater Kipp dafür, daß er in Berlin einem litauischen Flüchtling, den man später beschuldigte, ein sowjetischer Agent zu sein, Hilfe gewährt hatte, einige Monate im Gefängnis verbracht. Hitler selber hat Ende 1941 der katholischen Kirche gedroht und gesagt: »Nach dem Krieg werde ich diese Kröte zertrampeln.«

Schlußfolgerung: einen tief gläubigen, religiösen Priester, wie Kipp es war, für einen Agenten der Nazis zu halten, ist barer Unsinn, der entweder von Unwissenheit oder von Boshaftigkeit kommt.

Auf meine Behauptung hin, daß in den Klöstern keiner gegeißelt und ge­foltert werde, las mir der Vertreter von »Vaga« einen Brief von Misiūnas vor, in dem er schreibt, er habe sich selber gegeißelt, — mit einer eisernen Kette, deren scharfe Spitzen die Haut bis aufs Blut durchschlugen, was seiner Gesundheit sehr geschadet habe.

 

Ich antworte. Für die Jesuiten ist jede Buße, die der Gesundheit schadet, besonders eine, die angeblich blutig endet, verboten; keiner der Vorgesetzten würde solche gesundheitsschädigende Bußen zulassen. Wenn Misiūnas tat­sächlich solche Bußen angewandt hat, so hat er grob gegen die Gesetze der Ordensgemeinschaft verstoßen. Ende 1926 wurde ein Litauer, mein Kommili­tone, nur dafür aus dem Kloster entlassen, weil er eine Buße durchführte, die nach Meinung der Oberen gesundheitsschädigend war. Wenn also Mi­siūnas etwas tat, was verboten war, so soll er sich selbst beschuldigen aber nicht andere.

An einer anderen Stelle übertreibt Misiūnas sehr, wenn er sagt, man habe »kriechen und die Füße küssen müssen, egal ob die Schuhe dreckig oder mit Mist behaftet waren«. Es fiel auch dem Vertreter von »Vaga« auf, daß das nicht wahr sein kann: niemand geht mit mistbehafteten Schuhen in den Eß-raum. Das ist richtig, niemand betritt einen vorbildlich sauberen Eßsaal mit schmutzigen Schuhen und unreiner Kleidung. Hier jammerte die Korrespon-dentin der Bezirkszeitung Antanavičienė: »Welch eine Erniedrigung des Menschen, und wieviel mußte er durchmachen.«

All diese Erniedrigungen sind im Vergleich mit dem, was unsere Landsleute durchgemacht haben, ein Tropfen im Faß. Sie wurden ohne Gerichtsbeschluß in zugenagelten Waggons in die Taiga Sibiriens oder die Steppen von Ka­sachstan veschleppt, wo viele von ihnen den Hungertod fanden . . . Anderen fabrizierte man Prozesse und sie wurden in Lager gesperrt, — hungernd mußten sie schwer arbeiten. In Molėtai wurde zum Andenken von Putna ein Denkmal errichtet — nicht die Feinde haben ihn ermordet, sondern die Freunde, die er verteidigt und denen er gedient hatte. Vielleicht würde man sagen: Das ist Vergangenheit... Und die Gegenwart? Wieviel müssen die Menschen heute durchmachen, wenn sie gezwungen werden, sich öffentlich zu kritisieren, wenn sie in Satiren, Karikaturen, in den Juxzeitschriften » Šluota « (Der Besen) und »Krokodil« verhöhnt wer­den . . . Was mußten viele Priester und Laien nicht alles erleiden, nur weil sie ihren Kindern die Glaubenswahrheiten erklärten... Noch 1970 mußte sich Pfr. A. Šeškevičius, wie der größte Verbrecher zwei Tage lang in Molėtai vor Gericht verantworten, — dortselbst, im Gerichtssaal, weinten die terro­risierten Kinder; einige wurden sogar krank. In den Schulen werden gläubige Kinder dazu gezwungen, die Priester verhöhnende Aufsätze zu schreiben und antireligiöse Gedichte aufzusagen... In der 10. Klasse der Mittelschule von Alanta wurde folgendes Thema als Hausaufgabe gestellt: »Wie befolgen die Priester ihren Dekalog — die Zehn Gebote Gottes? »Hinweis: nur über schlechte Priester schreiben. (Das ist eine einwandfreie Korrumpierung der Schüler, denn sie werden gezwungen, am Thema vorbeizuschreiben. Wenn es gilt, nur über die schlechten Priester zu schreiben, so müßte das Thema lauten: »Wie befolgen die schlechten Priester die Zehn Gebote Gottes?«). Als die Schüler fragten, woher sie den Stoff dafür nehmen sollten, antwortete der Lehrer: »Laßt die Phantasie walten«. All das habe ich selber von Schülern aus Alanta während der Exerzitien im März 1965 gehört. Solche Phantasien sind sehr oft in »Akiratis« (Im Blickpunkt), besonders in den Berichten von Fatina Butienė zu hören, sowie in den antireligiösen Artikeln zu finden. Auch die Elaborate von B. Jauniškis sind voll von solchen Phantasien.

Und was würden sie sagen, wenn das Thema so lauten würde: »Wie befolgen die Kommunisten ihre Konstitution?«. Hinweis: Nur über schlechte Kom­munisten schreiben, — und der Stoff dazu kann frei erfunden werden. Wahr­scheinlich wäre man damit nicht zufrieden und würde verlangen, daß solche Sachen zurückzunehmen sind, und diese Schriften aus Buchhandlungen und Bibliotheken zu entfernen. Und wir müssen uns damit abfinden, wenn über uns Verleumdungen verbreitet, und nie dagewesene Dinge zusammenphanta­siert werden, und wenn man die Klöster als Wildgehege darstellt. Menschen mit gesundem Hausverstand, nicht beeinträchtigt durch Fanatismus wissen, daß keiner in solche »Wildgehege« eintreten würde, aber wenn jedoch je­mand per Fehler oder aus Unkenntnis dort hingeraten wäre, würde er so schnell wie möglich wieder dahin verschwinden, woher er gekommen ist... Ebenso versuchte der Vertreter von »Vaga« ganz ungeschickt zu beweisen, die Ordensleute hätten gebettelt. Er sagte: »Irgendjemand habe irgendwo um Daugailiai erzählt, daß Ordensleute gebettelt hätten.« Aber um Daugailiai herum gab es kein Kloster. Das nächste Männerkloster, war 40 km entfernt, in Saldutiškis. Und was konnten sie erbetteln? Lebensmittel, — vielleicht Web­stoff — und wieviel schließlich hätte ein Mensch 40 km tragen können? An dieser Stelle möchte ich den Vertreter von »Vaga« fragen: ob die »bettelnden Mönche« tatsächlich Mönche gewesen sind? Vielleicht waren es nur Schwind­ler, an denen es in der heutigen Zeit, in sämtlichen Berufsgruppen nicht fehlt? Hier einige Fälle.

Vor mehr als 10 Jahren wurde ein Korrespondent von »Tiesa« (Die Wahr­heit) verurteilt, der zu den reicheren Pfarrern fuhr, und ihnen sagte, nachdem er einen Vordruck von »Tiesa« mit seinen Nachnamen als Korrespondent vor­gezeigt hatte, er wäre beauftragt, einen Artikel über die Priester zu schreiben. Und je nachdem, wie der Artikel geschrieben werden würde, so würde es auch von den geistlichen Obrigkeiten berücksichtigt werden. .. Nach länge­rem Gespräch wagte der erwähnte Korrespondent darum zu bitten, man möge ihm einige Hunderter leihen, denn dann wäre zu hoffen, daß über den Pfarrer ein positiverer Artikel zustande käme. Und es gab solche, die ihm das Geld leihten (denn damals durfte man ja über die Priester schreiben, was man wollte, ohne Risiko, dafür verurteilt zu werden). Letztendlich wurde der erwähnte Korrespondent in Kaunas festgenommen und es kam zum Prozeß.

Im Winter 1960 ging eine Person des Staatlichen Verlags durch die Pfarr­gemeinden Jieznas, Stakliškės u. a. und sammelte Vorauszahlungen für die neu herauskommenden Gebetbücher — das kleinere werde 10 Rubel und das größere 25 Rubel kosten (Alte Währung), bis diese Person in Žiežmariai gefaßt wurde.

Einige Zeit früher habe ich in Jieznas gehört, wie man sich über einige Re­visoren unterhielt, die in eine Kantine gekommen waren. Die plötzlich über­raschten Kantinenwirtinnen bedienten die »lieben Gäste« sehr nett, damit diese möglichst wenige Mängel notieren sollten.. . Anderntags sollte sich heraus, daß es keine echten Revisoren waren.

Also gab es unechte Korrespondenten von »Tiesa« (die Wahrheit), unechte Abonenntensammler des Staatlichen Verlags und unechte Prüfer... Na, und gab es keine falschen Mönche, Spendensammler für die Klöster? Es gab auch solche. Pater Kidykas, der 1928 Internatsleiter des Jesuitengymnasiums in Kaunas war, erzählte, daß eines Abends im Winter desselben Jahres ein soutanierter Jüngling in das Pfarrhaus von Utena kam und sagte, er käme aus dem Jesuitengymnasium in Kaunas, um Spenden zu sammeln. Das Be­nehmen des Jugendlichen und die nicht zu seiner Figur passende Soutane kamen dem Pfarrer verdächtig vor. Er ließ ihn kurz mit dem Vikar allein im Zimmer zurück und telefonierte mit Pater Kipp in Kaunas. Nachdem er erfahren hatte, daß weder an dem Tag, noch zu anderer Zeit jemand ge­schickt worden war, um Spenden zu sammeln, rief der Pfarrer die Polizei, die den falschen Mönch festnahm. Es stellte sich heraus, daß er kurz zuvor in Kaunas das Jesuitenhaus aufgesucht und den Wunsch geäußert hatte, ins Kloster einzutreten. Nachdem er sich eine Zeitlang mit den Hofreinigungs­arbeiten beschäftigt hatte, nahm sich dieser erwähnte Kandidat eines Tages die Soutane eines Jesuitenbruders und machte sich auf den Weg, um Spenden zu sammeln, — jedoch nicht für das Kloster, sondern für sich. Wer garantiert, daß nur er allein solch einer war und daß das Pfarrhaus von Utena der einzige Ort war, welchen er aufgesucht hatte? Nur solche verstellt »bettelnde Mönche« gab es im Vorkriegs-Litauen, und über tatsächlich bettelnde Mönche weiß niemand etwas. Die »bettelnden Mönche« sind eine reine Erfindung von Jauniškis. Er lügt eindeutig, wenn er schreibt, man hätte ihn in Saldutiškis zum Betteln geschickt: Jauniškis ist niemals Ordensmann gewesen, nur eine kurze Zeit hat er als Kandidat im Kloster gelebt, bis die Salesianer, überzeugt von seiner Untauglichkeit, ihn höflich aus dem Kloster gebeten haben. Das gibt er auch selber in dem erwähnten Büchlein zu. Wenn die Mönche massen­haft gebettelt hätten, so wie es Jauniškis schreibt, so gäbe es auch für den Vertreter von »Vaga« keinen Grund, sich auf Gerüchte zu stützen wie: »ir­gendjemand« hätte »irgendwo« gesagt, erzählt — sondern es wären auch heute noch genug lebende Zeugen zu finden, die es gesehen und darüber Bescheid gewußt hätten. Und so wissen nicht einmal die engsten Bewohner von Saldutiškis über die Sache, oder — genauer genommen, sie wissen sehr gut, daß es solche Dinge nicht gab, daß »bettelnde Mönche« nur Gefasel eines moralisch tiefstehenden Menschen, ja Ausdruck seines blinden Hasses gegen die Ordensleute ist. Der Vertreter von »Vaga« versuchte meine Be­hauptung abzustreiten, daß niemand unter Zwang in ein Kloster hineinge­trieben werde und daß die unter Zwang abgelegten Gelübde ungültig sind. Er argumentierte, daß Misiūnas nach der 7. Klasse bei Pfr. Kipp vorsprechen mußte und dieser ihn gefragt habe, ob er auch weiterhin ins Kloster eintreten wolle, und wenn er mit nein geantwortet hätte, so hätte er nicht weiter am Gymnasium bleiben können. Es ist möglich, daß Misiūnas so gedacht hat. Mir ist allerdings nicht ein einziger Fall bekannt, daß ein Schüler aus dem Gymnasium entfernt wurde, nur weil er seine Ausbildung nicht bezahlen konnte. Und selbst wenn es so gewesen wäre, wie Misiūnas sich das gedacht hat, kann man denn das als Zwang auslegen? Hätte Misiūnas deshalb nicht mehr menschenwürdig leben können? Mit 7 absolvierten Gymnasialklassen hätte er in der Volksschule unterrichten können!

Zum Schluß kam der Vertreter von »Vaga« zu dem Ergebnis, Jauniškis habe die beschriebenen Personen genau geschildert.

Nichts ist falscher als solch eine Behauptung, denn sie steht absolut im Gegen­satz zur Wirklichkeit und den Fakten. Die Klöster waren keine Raubtiergehege und in ihnen gab es keine Spur von Terror, den Jauniškis mit Wohl­behagen zusammenfabriziert hat. Wenn dort nur ein wenig Wahrheit wäre, so würde sich der größte Teil der Klosterbewohner nicht nach den Klöstern sehnen, und die in ihnen zugebrachte Zeit würden sie nicht als die schönsten Lebensjahre bezeichnen.

Deswegen stellt sich ganz ungewollt die Frage, wem nützen diese ganzen Schmähschriften von Jauniškis und anderen Atheisten und was will man mit ihnen erreichen? Ist das nicht etwa ein Wunsch, die Verbrechen der Vergan­genheit zu rechtfertigen, als man 1940 und später 1948/49 vandalisch alle Klöster verwüstete, — die ins Kloster mitgebrachte persönliche Habe kon­fiszierte, viele Kunstgegenstände und Bibliotheken vernichtete, als man die besten Orgeln plünderte und man die Ordensleute außerhalb des Gesetzes stellte — lange Zeit konnten sie keine bessere Arbeit bekommen, wenn sie sich ihres Ordensstandes nicht entsagten. So waren sie gezwungen, sich mit ihren Überzeugungen zu verstecken, und viele mußten wahre Armut und unverdiente Verachtung erfahren. Anderen wurden Prozeßverfahren fabri­ziert, und man verurteilte sie zu 10 oder 25 Jahren Lagerhaft.

Und jetzt, anstatt diese Vergehen wiedergutzumachen, greift man nach neuen: Verhöhnung und Verleumdung der Ordensleute, mit dem Gedanken, die junge Generation werde das glauben und aufhören jene zu ehren, die ihre Väter und Großväter geehrt haben. Im letzten Jahrzehnt waren eine ganze Reihe Menschen zu schweren Strafen verurteilt worden, — sie wurden der Entstellung und Verleumdung der sowjetischen Realität beschuldigt. Für die Verdrehung und Verleumdung der religiösen Wirklichkeit zahlt man fette Honorare und schreibt Anerkennungsurkunden. Wer das Leben beobachtet, der kann es nicht verstehen, wie solche Sachen mit der von der Verfassung proklamierten Gewissensfreiheit und der Gleichheit aller Bürger zu verein­baren sind? Solch eine Freiheit heißt Freiheit nur für sich selber. Und Frei­heit für sich selber ist keine Freiheit. Die wahre Freiheit umfaßt auch die Freiheit für Andersdenkende. Diese Worte stammen nicht von mir, — dieses sagte schon viel früher die deutsche kommunistische Klassikerin Rosa Luxemburg!

Letztendlich gab der Vertreter von »Vaga« zu, daß mein erster Brief ihnen angeblich sehr nützlich gewesen ist, denn er habe gezeigt, daß man die für den Druck bestimmten Schriften sorgfältiger durchlesen muß. Er versicherte, daß das Büchlein von Jauniškis keine zweite Auflage erleben würde.

Aber jedem einzelnen wahrheitsliebenden Menschen ist das zu wenig. Solche Schmähschriften wie die von Jauniškis und ähnlichen Schreibern müssen schnellstens aus den Buchhandlungen und Bibliotheken entfernt werden, damit sie die Jugend nicht auch weiterhin belügen und vergiften. Die heilige Pflicht eines jeden Mitarbeiters der Presse ist es, gegen alle Formen des

Rowdytums zu kämpfen. Umsonst wird der Kampf gegen das physische Rowdytum sein, wenn man nicht zuerst gegen das moralische Rowdytum ankämpft. Bijutiškis

15. 1. 1981        Priester Jonas Danyla

 

Am 3. März bekam Priester J. Danyla folgende Antwort:

Nachdem sich der Verlag »Vaga« mit Ihrer Antwort auf die Antwort, d. h. mit Ihrem zweiten Brief-Beschwerdeschreiben, in dem es sich um das Buch von B. Jaunškis »Be iliuziju« (Ohne Illusionen) handelt, vertraut gemacht hat, wird daran erinnert, daß dieses erwähnte Buch besonders aufmerksam für die Presse vorbereitet wurde.

Da Ihnen der Standpunkt des Verlages bekannt ist, ist es nicht notwendig, nochmals auf diese Fragen einzugehen... (Kursivsatz von uns — Anmer­kung der Red.). Vyt. Stanelis