Vilnius

An das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Litauens

Vor 20 Jahren wurde der Bischof von Vilnius Julijonas Steponavičius ohne jeglichen Gerichtsbeschluß, ohne Angabe der Dauer und des Grundes, nach Žagarė verbannt.

Eine derartige Verbannung eines Bischofs bringt niemandem den geringsten Nutzen, sondern nur Schaden.

Sie erregt nicht nur eine große Unzufriedenheit bei den Gläubigen, sondern stellt auch die Organe der sowjetischen Regierung selbst vor den Augen der Welt bloß und gibt den Gläubigen anderer Länder Anlaß, über die Ver­folgung der Gläubigen zu reden.

Es gibt auch kommunistische Länder in der Welt, in denen die Gläubigen solche Tatsachen nicht kennen, wie z. B. im benachbarten Polen, in der Deutschen Demokratischen Republik, Ungarn, Jugoslawien und anderen Ländern.

Deswegen wenden wir, die Gläubigen der Erzdiözese Vilnius, uns wiederum an das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Litauens, mit der herz­lichen Bitte, dem greisen Bischof Julijonas Steponavičius zu erlauben, in die Erzdiözese Vilnius zurückzukehren und sein bischöfliches Amt bis zum Ende seines Lebens auszuüben.

Wir sind überzeugt, daß so ein Schritt die Autorität der sowjetischen Re­gierung bei den Gläubigen Litauens nicht nur nicht schwächen, sondern sogar fördern würde.

Am 5. 4. 1981.        Unterschrieben von etwa 700 Gläubigen.

Die Sowjetregierung gab auf diesen Brief keine Antwort.

 

Kaunas

Eine Gruppe von litauischen Gläubigen überreichte Sr. Exz. dem Bischof Liudas Povilonis eine Liste von Personen, die gerne zum Eucharistischen Kongreß nach Lourdes fahren wollten und baten den Bischof, zu vermitteln. Eine offizielle Antwort bekamen sie weder von Sr. Exz. Bischof L. Povilonis, noch von den Regierungsbeamten.

Viele Priester der Diözese Vilkaviškis reichten ebenfalls ein Gesuch an Bischof L. Povilonis ein, er möchte wegen der Reise nach Lourdes vermit­teln, die Bemühungen waren aber vergebens — niemand hat dem Gesuch die geringste Aufmerksamkeit geschenkt.

 

Antašava (Rayon Kupiškis)

In der Nacht vom 1. Januar 1981 wurden auf dem Kirchhof der Kirche von Antašava einige Kreuze zerstört und die Teile in dem Städtchen verstreut.

 

Klaipėda

Am 16. August 1981 überfielen die Mitarbeiter der Finanzabteilung die Devotionalienverkäufer neben der Kirche von Klaipėda und raubten ihnen die Rosenkränze, Gebetbücher, Skapuliere und Kerzen.

 

Žilėnai (Rayon Varėna)

Als der Priester Kastytis Krikščiukaitis am 19. Juni 1981 in der Kirche den Kindern die Wahrheiten des Glaubens erklärte, kamen die Sekretärin der Ortschaft Jukėnai, Lebednikienė und die Lehrer Bieša und Šukienė zu ihm. Sie befahlen den Kindern zu bleiben und stellten eine Anklageschrift zusammen. Priester K. Krikščiukaitis unterschrieb die Schrift nicht. Die Lehrerin Šlucienė notierte sich alle Namen der Schüler, die sich zur Erst­kommunion vorbereiteten.

Am 22. Juni kam wieder eine Kommission in die Kirche: Die Ortschafts­sekretärin von Jukėnai, Lebednikienė, die Direktorin der Schule von Žilėnai und die Lehrerin Šukienė. Wieder stellten sie eine Akte zusammen, die aber niemand unterschrieb.

Nach dem Abendgottesdienst am 25. Juni 1981 stellten die Lehrkräfte Šukienė, Zajankauskienė und Bucevičius am Kirchhof der Kirche die dritte Akte zusammen (der Lehrer Bucevičius, der die Akte schrieb, war nicht nüchtern). Der Priester unterschrieb auch diese Akte nicht. Der Ortsvorsitzende von Žilėnai, A. Uždavinys, der Rayonstaatsanwalt von Varėna, ein Untersuchungsbeamter und ein Milizmann fuhren von Haus zu Haus und fragten die Kinder aus, was der Priester erzählte. Während der Verhöre drohten sie den Kindern verschiedenartig und verboten ihnen, in die Kirche zu gehen und sich für die Erstkommunion vorzubereiten. Am 16. Juli wurde Priester Kastytis Krikščiukaitis in die Rayonstaatsan­waltschaft von Varėna vorgeladen. Der Staatsanwalt Kontrimas machte den Priester mit dem Text einer Verwarnung bekannt. Priester K. Krikščiukaitis wollte die Verwarnung mitnehmen, der Staatsanwalt verlangte aber er­schrocken, sie zurückzugeben, andernfalls drohte er, die Miliz zu rufen. Als ihm die Frage gestellt wurde, wo die Glaubens- und Gewissensfreiheit sei, drohte der Staatsanwalt Kontrimas, daß Priester K. Krikščiukaitis alles während einer Vernehmung werde klären lassen können. Am 10. Juli waren die Einwohner des Dorfes Kareivonys, Albertas Kmieli­auskas, Aldona Kmieliauskienė und Sagitas Kmieliauskas zu dem Unter­suchungsbeamten des Rayons Varėna Andriekus vorgeladen.

 

Šilalė

Aus Protest gegen den in der »Komjaunimo tiesa« (»Die Wahrheit der Kommjugend«) am 24. Januar 1981 abgedruckten Artikel »Ist denn die Kanzel da, um Verleumdungen zu verbreiten?« von Feliksas Laurinaitis, dem Oberlektor am Lehrstuhl für wissenschaftlichen Kommunismus am Poli-technischen Institut A. Sniečkus zu Kaunas, schickte der Vikar der Kirche von Šilalė, Vytautas Skiparis am 15. Februar 1981 eine Erklärung an den Staatsanwalt der SSR Litauen ab.

Priester Vytautas Skiparis betrachtet diesen Artikel als eine der zahlreichen ehrlosen Ausschreitungen gegen die Priester. Unter Beibringung von Be­weisen, daß die in diesem Artikel gegen ihn erhobenen Anschuldigungen der Wirklichkeit nicht entsprechen, schreibt Priester V. Skiparis:

Ich kann nicht schweigen, wenn ich »Verleumder« und »hinterlistiger Lüg­ner« genannt werde und so schwerwiegender »Vergehen« beschuldigt werde, für deren Verdacht kein Grund besteht; ich verlange, daß dieser ehrlose Artikel öffentlich widerrufen wird.

 

Šaukotas (Rayon Radviliškis)

Anfang Juli 1981 schickte der Bevollmächtigte des RfR P. Anilionis dem Vorsitzenden des Kirchenkomitees von Šaukotas, Vladas Paura eine neue Registrierbescheinigung des Kirchenkomitees und der Revisionskommission zu, die am 23. Januar 1981 ausgestellt und in der die Zusammensetzung der Komitee-Mitglieder geändert war.

Ohne Wissen des Komitees »wählte« die Regierung fünf neue Mitglieder. Da sich unter den »Neugewählten« auch Personen befanden, die den Glau­ben nicht praktizieren, ersetzte sie das Kirchenkomitee von Šaukotas durch Gläubige. Über diese Veränderung benachrichtigte das Komitee den Be­vollmächtigten des RfR P. Anilionis schriftlich.

Am 23. Juli bekam das Kirchenkomitee von Šaukotas vom Stellvertreter des Bevollmächtigten des RfR E. Juozėnas folgendes Schreiben: Auf Ihre Erklärung vom 16. Juli 1981 teilen wir Ihnen mit, daß das Exeku­tivorgan und die Revisionskommission der religiösen Gemeinschaft der Katholiken von Šaukotas in Einklang mit der festgelegten Ordnung gewählt und angemeldet war.

Da wir keine Angaben über die Rechtmäßigkeit der Wahlen haben, wird die in Ihrer Erklärung angegebene Zusammensetzung des Exekutivorganes und der Revisionskommission weder geändert, noch registriert. Wegen der genauen Klärung dieser Frage können Sie sich an das Exekutiv­komitee des Deputiertenrates des Rayons Radviliškis wenden.

 

Rainiai (Rayon Telšiai)

Am 24. Juni 1981 jährte sich zum 40. Mal der Tag, an dem die Kommu­nisten im Wäldchen von Rainiai 73 Litauer brutal zu Tode gefoltert haben.

Am 21. Juni 1981 versammelten sich die Vertreter der Jugend aus ganz Litauen in der Kathedrale von Telšiai. Nach dem Hochamt besuchten sie alle das Grab der Märtyrer auf dem Friedhof von Telšiai, beteten für sie und legten Blumen nieder, und auch im Wäldchen von Rainiai beehrten sie die Märtyrer mit Gebet und Kirchenliedern.

Aus Anlaß des Jahrestages wurde das Wäldchen von den Tschekisten be­wacht, deswegen erhob sich erst am 15. Juli zum Andenken der Märtyrer des Volkes ein kunstvolles Kreuz. Es blieb aber nur zwei Tage lang stehen, nachher wurde es von den Tschekisten in Stücke zersägt und im Wäldchen verstreut. Etwas später wurden die Stücke des zersägten Kreuzes zusammen­getragen und wieder in Form eines Kreuzes zusammengelegt. Am 11. August 1981 in der Frühe verbreitete sich in Telšiai die Nachricht: »Im Wäldchen von Rainiai stehen sogar drei Kreuze!« Zur Abendzeit desselben Tages versuchte eine Brigade, angeführt von dem Vorsteher des Sicherheitsdienstes von Telšiai, Laskutow und seines Sekretärs, die Kreuze mit einer Säge abzusägen, es gelang aber nicht: im Inneren des Holzes war Metall. Sie versuchten es herauszureißen, die Kreuze gaben aber nicht nach. Es halfen auch keine Spaten, denn in der Erde waren viele Eisenstücke und Steine eingegraben. Schließlich umzingelte ein Trupp Soldaten das Wäld­chen. Die Einwohner von Rainiai zuckten nach drei Detonationen zusam­men ... Die Leute versuchten noch, die gesprengten Kreuze zusammenzu­binden und an die Bäume anzubinden.

Am 17. August wurden alle drei Kreuze unter Führung der Tschekisten nach Telšiai abtransportiert.

 

Telšiai

Während am 1. und 2. August in der Kathedrale die Partiunkulaablaßfeier begangen und das Sakrament der Firmung gespendet wurde, hat die Auto-inspektion (auf Anweisung der Rayonverwaltung) auf allen Straßen in Telšiai, die zur Kathedrale führen, Einfahrtverbotsschilder aufgestellt. Alle Kraftfahrer, die auf den Parkplatz bei der Kathedrale gefahren waren, wur­den bestraft. Und wie zum Spott wurden all jene, die mit ihren Autos zu einem Konzert gekommen waren, von niemandem gehindert. Der Inspektor der Rayonfinanzabteilung jagte während der Ablaßfeiertage die Devotionalienverkäufer vom Kirchhof weg.

 

Biržai

Am 2. März 1981 waren die Vertreter der Kirchenkomitees in das Rayon­exekutivkomitee von Biržai eingeladen. Ein Vertreter des Rates für Re­ligionsangelegenheiten las einen Bericht vor. Die Mitglieder der Komitees wurden aufgewiegelt, die kirchlichen Gesetze nicht einzuhalten, den Pfarrern nicht zu gehorchen, den Kindern das Ministrieren während der hl. Messe zu verbieten. Als der Redner mit seinem Bericht fertig war, erklärte der Vor­sitzende des Kirchenkomitees der Pfarrei Biržai, P. Timukas mutig, daß die Mitglieder der Kirchenkomitees katholische Christen seien, deswegen hätten sie die Anweisungen der Kirche zu befolgen und es falle ihnen gar nicht ein, die Kinder vom Altar wegzujagen. Als er aber bat, die Ausgaben der hl. Schrift wie auch des Katechismus zusätzlich nachdrucken zu lassen, spottete der Redner nur über ihn: »Wie man aus Deiner Aussage ersehen kann, hast Du schon viel zu viel von den hl. Schriften gelesen!«

 

Kapčiamiestis

Am 13. und 14. Juni 1981 erhob sich neben der Straße nach Leipalingis ein neues, von den Gläubigen errichtetes Kreuz. Am 15. Juni eilten der Stell­vertreter des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees von Lazdijai, Vanagas, der Ortsbevollmächtigte der Miliz Kavaliauskas, der Ortsvorsitzende S. Sabalius und andere dorthin, um das Kreuz zu begutachten. Die Verwaltung war beunruhigt und kam zum Beschluß: »Nicht auf dem richtigen Platz aufgestellt!«

Der Milizbevollmächtigte von Kapčiamiestis, Kavaliauskas, der den Vor­sitzenden des Komitees der Pfarrei B. Mieliauskas vorgeladen hatte, verhörte ihn, wer das Kreuz aufgestellt habe und nötigte ihn, eine Rechtfertigung zu schreiben.

 

Druskininkai

Eine Kommission, bestehend aus der Inspektorin des Kinderzimmers (eine Sonderabteilung bei der Miliz für Kinderkriminalität — Bern. d. Übers.) der Stadt Druskininkai Leonavičienė und den Lehrerinnen der I. Mittelschule Klusevičienė und Matusevičiūtė, drang am 26. Juni 1981 in die Wohnung der Ärztin Leokadija Balandytė ein. Als sie dort über ein Dutzend Kinder vorfanden, stellten sie ein Protokoll wegen der Vorbereitung der Kinder zur Erstkommunion auf.

Die Ärztin Leokadija Balandytė (wohnhaft in der Veisėjų g. 14-12) wird schon lange von den Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes schikaniert.

 

Vilnius

Am 14. Juli 1981 hat die »Tiesa« (»Die Wahrheit«) in einem Artikel dar­über berichtet, daß der Dozent des Staatlichen Pädagogischen Instituts zu Vilnius, Sigitas Rudzevičius von den Studenten Bestechungsgelder sogar bis 1000 Rubel verlangt habe. Studenten, die die benötigte Summe nicht ent­richteten, haben die Prüfungen nicht bestanden. Die Verfasserin dieses Ar­tikels, Vanda Bogušienė, hat aber nicht erwähnt, daß der Dozent S. Rudze­vičius ... Marxismus unterrichtete!