Kybartai (Rayon Vilkaviškis). Die Bürgerin der Stadt Kybartai, Birutė Briliūtė (Čepajevo skg. 19), wurde am 15. August 1987 nach Vilnius zum Untersuchungsbeamten Reinys vorgeladen. Im Laufe des Verhörs stellte ihr der Tschekist eine ganze Reihe von Fragen, die die Nr. 73 der „Chronik d. L. K. K." betrafen. Er verlangte von ihr eine Erklärung, wieso manche der in der „Chronik" veröffentlichten Texte ihrem Inhalt nach den mit der Hand oder mit der Schreibmaschine geschriebenen Texten, die während der Durchsuchung am 6. März 1987 in ihrer Wohnung konfisziert wurden, ähnlich seien und manche sogar gleich lauteten. B. Briliūtė antwortete dar­auf, daß alles, was bei ihr mitgenommen wurde, schon seit dem 6. März in den Panzerschränken des Sicherheitsdienstes liege. Deswegen müsse der KGB auch die Verantwortung für das Schicksal dieser Sachen auf sich nehmen.

Das Verhör dauerte etwa 3 Stunden lang. Das Protokoll unterschrieb B. Briliūtė nicht.

Kybartai. Am 8. September 1987 wurde in den Wohn- und Wirtschafts­räumen von O. Šarakauskaitė, B. Briliūtė und O. Kavaliauskaitė in der Čepajevo skg. 19 eine Durchsuchung gemacht. Die Untersuchung leiteten die Sicherheitsbeamten aus Vilnius V. Baumila und A. Stepučinskas. Au­ßer den bereits erwähnten Personen nahmen noch einige Tschekisten teil, die ihren Namen nicht sagten. Während der Durchsuchung wurden mitge­nommen: eine Schreibmaschine, ein Reserveschreibkopf für die Schreib­maschine, einige Bücher, darunter fünf religiösen Inhalts, Durchschlagspa­pier und andere Sachen.

Nach der Durchsuchung am 6. März richtete B. Briliūtė eine Beschwerde an den Staatsanwalt der LSSR mit der Bitte, dafür zu sorgen, ihr ihre bei der Durchsuchung mitgenommenen Privatsachen zurückzugeben und auch die Mitarbeiter des Sicherheitdienstes zu ermahnen, die eine Durch­suchung vornahmen, ohne ihre Papiere vorgezeigt zu haben.

Auf ihr Schreiben wurde geantwortet, daß ihre Sachen nicht zurück­gegeben würden, da sie im Zusammenhang mit der illegalen Herausgabe der „Chronik d. L. K. K." stehen. Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes seien ermahnt worden; Ähnliches würde nicht mehr vorkommen.

Leider hat die Durchsuchung vom 8. September das Gegenteil bewiesen: Die Sicherheitsbeamten zeigten nicht nur keine Papiere vor, sondern einer von ihnen begann sogar zu schreien und benahm sich während der Durch­suchung frech.

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Kapsukas. Der Vikar von Kapsukas, Priester Kęstutis Brilius, wurde am 19. August in das KGB-Gebäude der Stadt Kapsukas gerufen. Ein Tschekist aus Vilnius fragte den Priester, was er von der „Chronik d.L.K.K.", ihrer Vervielfältigung, Redaktion, Besorgung der Nachrichten usw. wisse. Priester K. Brilius antwortete, daß er nichts davon wisse und deswegen auch die Frage nicht beantworten könne. Der Sicherheitsbeamte erkundigte sich noch, wer nach den Feierlichkeiten des Seligen J. Matulai­tis auf dem Kirchhof der Kirche von Kapsukas dem jungen Mann Robertas Grigas erlaubt habe, eine Rede zu halten und den Jugendlichen, zu singen und Gedichte vorzutragen. Auch auf diese Frage folgte die gleiche Ant­wort, er wisse nichts.

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Vilnius. Am 14. Oktober 1987 wurde Nijolė Sadūnaitė in die Staats­anwaltschaft in der Gogolio 4, zu dem Untersuchungsbeamten Jurkštas vorgeladen. Der Untersuchungsbeamte erklärte, daß N. Sadūnaitė als Zeu­gin in dem Prozeß wegen der Herausgabe und Verbreitung der Veröffent­lichung „Chronik d. L. K. K." vorgeladen sei. Es folgte eine Reihe von Fra­gen: Ob die „Chronik d. L. K. K." das Material über verschiedene Perioden ihres Lebens wiedergebe, welche Rolle N. Sadūnaitė selbst spiele bei der Vorbereitung des Materials für ihre Biografie u.ä. Die Befragte antwortete, daß die „Chronik" nur die Wahrheit schreibe, was sie aber über sie selber schreibe, wisse sie nicht. Die Frage, welche Rolle sie selber bei der Vor­bereitung des Materials spiele, beantwortete sie nicht, erklärte aber, daß sie darauf nur vor Gericht anworten werde.

Den Untersuchungsbeamten Jurkštas interessierte das 1985 in Chikago im Verlag „Ateitis" herausgegebene Buch von N. Sadūnaitė „Wie ich ins Blickfeld des KGB geriet". „Sind Sie wirklich die Verfasserin dieses Buches? Erzählen Sie mir, wie es entstanden ist und verbreitet wurde und zu welchem Zweck Sie das getan haben", - fragte der Untersuchungs­beamte. N. Sadūnaitė gab zu, die Verfasserin des genannten Buches zu sein, aber darüber hinaus etwas zu bezeugen, weigerte sie sich mit der Be­gründung, daß die sowjetische Regierung sie wie einen Menschen zweiter Klasse behandle und ihr nicht einmal die aus dem Ausland geschickten Briefe und Pakete aushändige. Auf die Frage, ob in dem Buch die autobio-grafischen Fakten der Wahrheit entsprechend beschrieben seien, stellte N. Sadūnaitė fest, daß sie die gesamte sowjetische Wirklichkeit zurückhal­tend beschrieben habe: wie es aber der Verlag dargestellt habe, wisse sie nicht, weil sie selbst das Buch nicht gesehen habe. „Ich habe das Buch geschrieben und den Herausgebern übergeben, damit diese es in Druck geben; wie ich das aber gemacht habe, werde ich Ihnen nicht erklären", sagte N. Sadūnaitė.

Als das Verhör, das etwa eineinhalb Stunden lang gedauert hatte, zu Ende ging, erschien der Staatsanwalt J. Bakučionis und noch eine Person. J. Bakučionis las N. Sadūnaite eine Ermahnung bezüglich der am 23. August stattgefundenen Demonstration in Vilnius vor; der Unbekannte, der mit J. Bakučionis in das Arbeitszimmer gekommen war, filmte das Geschehen.

Am 15. Oktober 1987 schrieb N. Sadūnaitė aus Protest gegen die unstatt­hafte Filmaufnahme eine Erklärung an den Generalstaatsanwalt der UdSSR, Rekunkow. In der Erklärung heißt es: „Das Filmen betrachte ich als Anschlag auf die Würde meiner Person, weil ich nicht weiß, wo und wann der Filmstreifen verwendet wird, zumal ja Leute gefilmt haben, die mir wegen meiner Tätigkeit in Verbindung mit der Verteidigung der Menschenrechte nicht gut gesinnt sind. Ich verlange, daß man mit solchen Aktionen aufhört und daß der genannte Filmstreifen vernichtet wird."