An den Generalsekretär des ZK der KPdSU, M. Gorbatschow Abschriften an die Bischöfe und Verwalter der Diözesen Litauens

Erklärung

der Priester der Diözese Telšiai und der Prälatur Klaipėda.

Als im Jahre 1976 das Statut der religiösen Gemeinschaften vorbereitet wurde, wandten sich die Bischöfe und Priester der Katholischen Kirche Litauens schriftlich an die sowjetische Regierung mit der Bitte, daß das Statut mit den Canones der Katholischen Kirche abgestimmt werden solle. Leider wurden damals diese Wünsche nicht berücksichtigt und das Statut, das das religiöse Leben in unserem Lande regelt, wurde nur von atheistisch gesinnten Beamten der sowjetischen Regierung vorbereitet.

Die Priester und die Gläubigen müssen die Canones der Kirche einhalten. Als Bürger der UdSSR müssen sie auch die sowjetischen Gesetze einhal­ten, was aber unmöglich ist, weil sich die Verfassung selbst widerspricht, imdem sie die Gleichberechtigung der Bürger proklamiert, gleichzeitig sie aber in zwei Klassen teilt: in Nichtgläubige und Gläubige. Den Nichtgläu­bigen wird das Recht zugesprochen, atheistische Propaganda zu betreiben, den Gläubigen aber nur das Recht, religiöse Kulthandlungen auszuüben.

Wenn man die Gleichberechtigung zwischen Gläubigen und Nichtgläubi­gen verwirklichen will, dann muß auch der Atheismus vom Staat getrennt werden, wie auch die Kirche vom Staat getrennt ist. Der Atheismus muß, genau wie die Religion, eine Privatangelegenheit sein. Da zur Zeit der Atheismus staatlich ist, wird dadurch auch das Gesetz der Trennung der Kirche vom Staat verletzt. Es wird nur einseitig eingehalten: Die Kirche darf sich in die Angelegenheiten des Staates nicht einmischen, die Beam­ten des Staates mischen sich jedoch in die kirchenrechtliche Tätigkeit der Kirche ein. Sie bestimmen das Alter der Personen, die die Religion prak­tizieren dürfen, mischen sich in die Struktur der Kirche ein, indem sie verlangen, daß nicht die Priester eine Gemeinschaft der Gläubigen leiten sollen, sondern von der Regierung bestätigte Laien; sie legen die Studen­tenzahl im Priesterseminar fest, faktisch regeln sie die Ernennung der Priester, sie bestimmen, ob man Kirchen bauen oder renovieren darf oder nicht usw.

Anders gesagt, die gesamte Tätigkeit der Kirche wird von den Atheisten geregelt. Es ist schon so weit gekommen, daß ein Viertel der Pfarreien Litauens keinen Priester hat, daß den Familien der Gläubigen weder

Gebetbücher und Katechismen noch sonstige religiöse Literatur zugänglich ist; jahrzehntelang war es nicht erlaubt, niedergebrannte Kirchen (in Ryliskes, Batakiai, Gaure und anderswo) wiederaufzubauen. Entgegen den Behauptungen der Presse, wird in Batakiai auch jetzt nicht erlaubt, die Kir­che wiederaufzubauen - es wurde lediglich ein Anbau an den Glockenturm erlaubt. Die von Gläubigen errichtete Kirche der Königin des Friedens in Klaipeda wird immer noch nicht zurückgegeben.

Nicht einmal die obersten Beamten der Regierung anerkennen die Gleich­berechtigung der Gläubigen und der Atheisten: In offiziellen Reden wird gefordert, aktiv gegen die Religion zu kämpfen und die atheistische Propa­ganda zu verstärken. Unter den jetzigen Voraussetzungen ist es unmöglich, auch nur davon zu träumen, daß jemand von der Regierung zu Gunsten der Gläubigen aussagen würde. Die gläubigen Schüler, noch mehr aber die Beamten, werden faktisch diskriminiert, wenn dies auch offiziell verneint wird.

Deswegen bitten wir Sie, daß die Ungleichberechtigung der Bürger der UdSSR auf dem ideologischen Sektor beseitigt wird.

Telšiai, am 2.2.1988.

Es unterzeichneten die Priester:

Vincas Vėlavičius

Antanas Gylys

 

Jonas Gedvilą

Jonas Paulauskas

Adolfas Pudžemys

Liudas Dambrauskas

Vytautas Sadauskas

Petras Puzaras

Bronislovas Latakas

Jonas Boruta

Česlovas Godliauskas

Stanislovas Ilinčius

Antanas Šimkus

Bronius Brazdžius

Petras Linkevičus

Juozapas Rutalė

Pranas Venckus

Boleslovas Jonauskas

Vincentas Gauronskis

Juozapas Pačinskas

Albinas Arnašius

Kazimieras Žukas

Antanas Striukis

Bronislovas Burneikis

Klemensas Arlauskas

Henrikas Sirtautas

Petras Palšis

Vytautas Motekaitis

Jonas Bučelis

Adomas Alminas

Antanas Garjonis

Petras Merliūnas

Antanas Jurgaitis

Liudvikas Šarkauskas

Ignacas Žeberskis

Antanas Petronaitis

Anupras Gauronskas

Petras Našlėnas

Antanas Šeškevičius

Klemensas Puidokas

Juozas Šiurys

Petras Jasas

Jonas Kusas

Kazimieras Prialgauskas

Zenonas Degutis

Antanas Ivanauskas

Vladas Šlevas

Konstantinas Velioniškis

Juozapas Grabauskas

Albertas Pranskaitis

Jonas Kauneckas

Antanas Augustis

Juozapas Širvaitis

Julius Tamošauskas

Juozapas Maželis

Juozapas Janauskas

Aloyzas Volskis

Juozapas Bukauskas

Juozapas Miklovas

Jonas Bučinskas

Jonas Vičiulis

Petras Bernotas

Stanislovas Anužis

Stanislovas Letukas

Konstantinas Jadviršis

Petras Venckus

Vincentas Rudzinskas

Vytautas Žvirzdinas

Vincentas Klebonas

Romualdas Žulpa

Juozas Šukys

Bronius Racevičius

Ferdinandas Žilys

Kazimieras Rimkus

Algis Genutis

Antanas Bunkus

Kazimieras Gaščiūnas

Liudas Serapinas

Edmundas Atkočiūnas

Leonas Veselis

Alfonsas Pridotkas

Aloyzas Orantas

Zigmas Šimkus

Stanislovas Ežerinskas

Petras Stukas

Vytautas Petrauskas

Bernardas Talaišis

Jonas Petrauskis

Henrikas Šulcas

Julijonas Miškinis

Feliksas Valaitis

Algimantas Pakamanis

Vytautas Mikutavičius

Tadas Knipavičius

       

 

 

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU, Genossen M. Gorbatschow

Erklärung der Katholiken Litauens.

Im Jahre 1987, als wir das 600-jährige Jubiläum der Taufe Litauens began­gen haben, wurden wir traurig gestimmt, weil wir dieses uns kostbare Jubi­läum nicht in der historischen Kathedrale von Vilnius, also nicht an der Stelle feiern durften, an der die Taufe Litauens begonnen wurde und wo die irdischen Überreste eines der Täufer Litauens, Vytautas des Großen, ruhen. Die Kathedrale von Vilnius, die Zentralkirche der Katholiken Litau­ens und der Erdiözese Vilnius, ist schon seit mehr als 35 Jahren in eine

Bildergalerie und Konzerthalle umgewandelt. Bei den Vorbereitungen des 1000-jährigen Jubiläums der Taufe Rußlands wurde den Gläubigen der Orthodoxen Kirche das Danilow-Kloster in Moskau zurückgegeben.

Wir bitten Sie darum, aus Anlaß der Feier des 600-jährigen Jubiläums der Taufe Litauens auch uns das Zentralheiligtum unseres Landes, die Kathe­drale von Vilnius, zurückzugeben.

Im Jahre 1987.

 

Es unterschrieben:

in den Kirchen der Stadt Kaunas:

in der Kathedrale - 893 (etwa 300 Unterschriften hat der KGB abgenommen und vernichtet)

 

in der Kirche von Šančiai

-  880

in der Vytautas-Kirche

-  700

in anderen Kirchen

- 5280

in der Kathedrale von Panevėžys

- 3485

in Leipalingis

- 1193

in Žemaičių Kalvarija

- 3577

in Valkininkai

-  863

in Kapčiamiestis

-  530

in Miroslavas

-  174

in Šakiai

- 1095

in Lukšiai

-  364

in Sasnava

-  222

in Gižai

-  135

in Višakio Rūda

-  742

in Kybartai

-  784

in Alksnėnai

-  868

in Kulautuva

-  260

in Seredžius

-  443

in Veliuona

-  455

in Girdžiai

-  160

in Jonava

-  989

in Kretinga

- 220

in Kavarskas

-  600

in verschiedenen Pfarreien

- 6358

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU, M. Gorbatschow Abschrift an den Generalstaatsanwalt der UdSSR

 

Erklärung der Katholiken Litauens.

Wir sind erschüttert über die brutale gerichtliche Behandlung des jungen Katholiken Petras Gražulis, die am 2. Februar 1988 vor dem Volksgericht der Stadt Kapsukas stattgefunden hat. P. Gražulis hat sich geweigert, zu einer militärischen Spezialausbildung zu gehen, mit der Begründung, daß sein christliches Gewissen ihm nicht erlaube in einer Armee zu dienen, die in Afghanistan unschuldiges Blut vergieße, die seine Heimat Litauen besetzt hat, die die atheistische Ideologie verteidigt und die Kirche ver­folgt. Die von diesen Prinzipien diktierte Verweigerung sah das Gericht als „eine Verweigerung aus eigennützigen Gründen und ohne triftigen Anlaß, an militärischen Übungen teilzunehmen", an.

Die Gewissensüberzeugungen eines Menschen zu mißachten, erst recht einen Jugendlichen der Eigennützigkeit zu beschuldigen, der bereit ist, dafür ins Gefängnis zu gehen, ist inhuman und amoralisch. In anderen so­zialistischen Ländern wird überlegt, und man bietet jenen Personen, die aus Gewissensgründen oder wegen ihrer religiösen Überzeugungen nicht beim Militär mit der Waffe in der Hand dienen können, alternative Dienst­möglichkeiten an. Wir fordern auch in der Sowjetunion eine solche Mög­lichkeit und verlangen, Petras Gražulis unverzüglich freizulassen.

Im Jahre 1988.

 

Es unterschrieben:

 

in Panevėžys (St. Peter und Paul-Kirche)

- 3307

in Šiauliai (St. Georg-Kirche)

- 1653

in Šiauliai (St. Peter und Paul-Kirche)

- 1402

in Jurbarkas

-  595

in Kėdainiai

-  869

in Pasvalys

- 571

in Rokiškis

-  920

in Kupiškis

-  807

in Ukmergė

-  724

in Utena

- 1362

in Anykščiai

-  763

in Šakiai

- 1076

in Pakruojis und Rozalimas

-  473

in Girdžiai

-  168

in Pumpėnai

-   180

 

in Valkininkai

-  851

 

in Naujamiestis (Rayon Panevėžys)

-  293

 

in Kavarskas

-  751

 

in Leipalingis

- 1173

 

in Kybartai

-  736

 

in Alksnėnai

-  947

 

in Sasnava

-  236

 

in Seredžius

-  449

 

in Eišiškės

-    84

 

in Krinčinas

-  243

 

in Gižai

-  127

 

in Žemaičių Kalvarija

- 3475

 

in Kapčiamiestis

-  518

 

in Višakio Rūda

-  723

 

in Lukšiai

-  357

 

in Veliuona

-  457

 

in Kulautuva

- 260

 

in verschiedenen anderen Pfarreien

- 5658

 
       

 

 

 

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU M. Gorbatschow Abschriften an die Bischöfe Litauens

 

Erklärung der Katholiken Litauens.

In der Nacht vom 2. zum 3. April 1982 haben Beamte der sowjetischen Regierung das kostbare Denkmal des gläubigen Volkes, den Berg der Mädchen, der sich im Dorf Pasroujis (Rayon Telsiai) befindet, auf vanda-lische Weise verwüstet. Die Atheisten rissen die Marienkapelle ab, die dort war, zerschlugen die Statuen und vernichteten die dort errichteten Kreuze. Der Berg der Mädchen wird von den Gläubigen seit 1626 verehrt. Damals haben die nach Litauen eingedrungenen Soldaten des schwedischen Hee­res die Mädchen, die sich an dieser Anhöhe versteckt hatten, weil sie sich von den Soldaten nicht vergewaltigen lassen wollten, alle ermordet. Zu Ehren der Märtyrerinnen der Unschuld errichtete das Volk dort eine Kapelle und eine Anzahl von Kreuzen. Diese Stätte wurde von Wallfahrern besucht.

Nach der vandalischen Verwüstung des Berges im Jahre 1982 versuchten die Gläubigen öfters, die Kreuze wieder aufzustellen, die Beamten der sowjetischen Regierung rissen sie jedoch sofort wieder aus und terrorisier­ten die Aufsteller der Kreuze.

Wir bitten Sie, Generalsekretär, die Beamten der sowjetischen Regierung anzuweisen, die Kapelle auf dem Berg der Mädchen wiederaufzubauen, die Kreuze wieder zu errichten und die Wallfahrer nicht am Besuch dieser historischen Stätte zu hindern.

Im Jahre 1988.

Es unterschrieben:

in Žemaičiu Kalvarija

- 3594

in Lukšiai

-  359

in Valkininkai

-  853

in Pilviškiai

-  445

in Leipalingis

- 1198

in Višakio Rūda

- 473

in Kapčiamiestis

-  513

in Šakiai

- 1048

in Seredžius

-  441

in Veliuona

-  500

in Kulautuva

- 265

in Kapsukas

- 3128

in Sasnava

- 218

 

 

An den Stellvertreter des Exekutivkomiteesvorsitzenden des Rayons Klaipėda, A. Leita

An den Direktor des Internates Laugaliai des Ministeriums für Sozial­fürsorge der LSSR

Erklärung

des Priesters A. Šeškevičius, wohnh. in Gargždai, Tilto 1-2

Weil ich verpflichtet bin, die Gläubigen des Internats von Laugaliai in religiösen Angelegenheiten zu versorgen, bitte ich Sie, den im Internat lebenden Gläubigen und mir, als Priester, gemäß § 49 des Statuts der reli­giösen Gemeinschaften: „Auf Verlangen der Sterbenden oder Schwerkran­ken in Krankenanstalten, werden die religiösen Kulthandlungen in isolier­ten Räumen ausgeübt", die religiösen Freiheiten zu garantieren.

Bis jetzt herrscht im Internat keine religiöse Freiheit, sondern ein stalini­stischer Terror:

1.     Die Schwerkranken haben nicht einmal das Recht, durch ihre lahmen und schwachen Freunde einen Priester zu rufen, wo doch die Leitung des Internats selbst den Wunsch des Bittenden dem Priester, wenigstens durch Telefon, übermitteln müßte. Das verlangt doch die Humanität.

2.     Wenn eine Freundin einer kranken Greisin sich an die Leitung wendet und um Erlaubnis bittet, einen Priester rufen zu dürfen - wird es nicht erlaubt. Besonders die Stellvertreterin des Direktors, J. Dotienė, und die Krankenschwestern sind dagegen. Es ist klar, daß der Direktor ihr derarti­ges Verhalten billigt.

3.     Wenn es nicht erlaubt wird, sind die Kranken gezwungen, den Priester heimlich zu bitten. In solchen Fällen macht die Internatsleitung einen Skandal daraus und bestraft die alte invalide Frau, die den Priester eingela­den hatte: Sie wird deswegen nicht nur scharf ausgeschimpft und bedroht, sondern es werden ihr sogar die Oberkleider weggenommen, damit sie, weil sie so das Haus nicht verlassen kann, den Priester nicht mehr ruft. Das genügt nicht, sie wird auch noch geschlagen. Am 11. April dieses Jahres hat die Krankenschwester Stokorienė die Heimeinwohnerin Gražina Mažri­maitė deswegen geschlagen, weil sie am 10. April mich zu einer schwer­kranken alten Frau gerufen hatte. Ich war noch im Internat, als diese ihr drohte: „Du wirst es schon noch kriegen...!"

4.     Dem Priester werden Vorhaltungen gemacht, warum dieser seine Besu­che nicht mit der Internatsleitung abstimme. Dem Statut nach genügt das Ersuchen des Kranken, und die Internatsleitung müßte sich dem Statut anpassen, denn das ist eine Verordnung des Präsidiums des Obersten Sowjets. Ein Priester hat das Recht und die Pflicht, den Kranken zu besu­chen, auch wenn er heimlich gerufen wird. Als G. Mažrimaitė mich am 10. April zu der schwerkranken alten Frau gerufen hatte, hat die Kranken­schwester A. Stokorienė diese derart terrorisiert, daß sie - so sagt sie -Angst habe, die Sakramente zu empfangen, weil die Krankenschwester sie bestrafen werde, obwohl sie vorher mit Tränen in den Augen gebeten hatte, den Priester zu rufen. Erst als ich ihr gesagt hatte, daß ich das voll­kommene Recht hatte, sie zu versorgen, beruhigte sich die Kranke. Die Krankenschwester kam in das Krankenzimmer hereingerannt und wollte es mir verbieten, ich aber habe ihr Verbot nicht beachtet. Die anderen alten Frauen, die den Besuch eines Priesters ausnützen wollten, um ihren religiösen Praktiken nachzukommen, wurden von der Krankenschwester A. Stokorienė verjagt. Hat es also noch einen Sinn „abzustimmen", wenn die Internatsleitung und das Bedienungspersonal die Anordnungen des Präsidiums des Obersten Sowjets nicht einhalten?! Und das dauert schon seit Stalins Zeiten an und niemand bemüht sich, diese Angelegenheit in Ordnung zu bringen, im Gegenteil: Der antireligiöse Terror der Internats­verwaltung wird noch unterstützt.

5.     Die Internatsleitung verlangt, daß der Priester, wenn er kommt, die Kranken in einem speziellen Raum im 1. Stock versorgt, die Kranken aus anderen Hausteilen oder Etagen dürfen sich nur dort versammeln. Die Kranken in den Zimmern zu versorgen, ist nicht gestattet. Es gibt aber Kranke, die dauernd bettlägerig sind, und andere können kaum noch das Zimmer verlassen. Den Bettlägerigen und denen, die nur schwer sich bewegen können, ist es praktisch unmöglich, den 1. Stock zu erreichen. Sie sind dazu verurteilt, zu leiden und zu sterben, ohne mit den Sakramenten versehen zu sein. Das ist doch keine religiöse Freiheit, sondern eine Skla­verei. Vernünftig wird diese Angelegenheit in den Krankenhäusern in Gargždai und in Klaipėda geregelt: Die gehfähigen Kranken verlassen das Zimmer, und der Priester kann den Kranken (in dem Falle ist es auch ein separater Raum) und auch andere Kranke, die es wünschen, dort einzeln empfangen und versorgen. Wesentlich vernünftiger als die Internatsleitung lösen die Gläubigen des Internats von Laugaliai selber diese Frage. Sie machen selber in jedem Stockwerk oder in jenem Hausteil ein Zimmer frei, in dem die Kranken einzeln zum Priester gehen. Man braucht nicht die Schwerkranken zu quälen und sie hinunter bis zum 1. Stock zu fahren oder zu tragen.

6.     Mir wirft man vor, daß ich den Einladungen der alten Invalidin G. Maž­rimaitė folgte. Sie benachrichtigt mich zuverlässig, und die Kranken freuen sich darüber; wäre es anders, dann würde die Internatsleitung die gläubi­gen Kranken vollkommen vom Priester isolieren. Wenn die Internatslei­tung selber den Priester darüber informieren würde, brauchte man die Kranken selbstverständlich nicht zu bemühen.

7.     Nach dem Statut bestimmen die Kranken selber die Häufigkeit der Krankenbesuche und nicht die atheistische Internatsleitung, durch deren Behinderungen schon viele Kranke gestorben sind, ohne mit den Sterbe­sakramenten versehen worden zu sein, obwohl sie auch darum gebeten hatten, einen Priester zu rufen. Ich schlage vor, dem Priester als Recht einzuräumen, grundsätzlich wenigstens einmal im Monat in das Internat zu kommen. Dann wird für die Kranken nicht mehr die Gefahr bestehen, ohne Sterbesakramente sterben zu müssen.

Folgerungen: Gemäß dem Statut der Religiösen Gemeinschaften bitte ich Sie:

1. Den Kranken oder ihrem Pflegepersonal zu erlauben, telefonisch den Priester einzuladen;

2.     die Kranken und jene Personen nicht zu terrorisieren, die den Priester zu sich rufen;

3.     dem Priester zu erlauben, einmal monatlich in das Internat zu kommen; er wird von seiner Ankunft die Internatsleitung benachrichtigen;

4.     dem Priester zu erlauben, Schwerkranke in ihren Zimmern zu versorgen, und für die anderen einen separaten Raum frei zu machen;

5.     allen gläubigen Kranken des Internats zu erlauben, die hl. Sakramente zu empfangen, wenn der Priester zu den Schwerkranken kommt;

6.     den kräftigeren Kranken, die es wollen, zu erlauben, an Feiertagen in die Kirche zu gehen;

7.     nicht zu verhindern, daß die verstorbenen Gläubigen mit kirchlichen Zeremonien beerdigt werden.

Bemerkung: Im Falle, daß die Internatsleitung auch weiterhin die Reli­gionsfreiheit einschränkt, werden höhere Instanzen und Generalsekretär M. Gorbatschow eingeschaltet. Läßt sich denn eine solche Nötigung der armen Kranken mit der Politik der Umgestaltung vereinbaren ?

Daß A. Stokorienė die alte Frau G. Mažrimaitė geschlagen hat, haben gesehen Elena Budautienė und Frl. Baselė. Es ist freilich nicht gesagt, daß sie genügend Mut haben werden, dies öffentlich auszusagen. A. Stokorienė hatte schon früher G. Mažrimaitė zusammengeschlagen.

Ich lege dem Internatsdirektor eine Kopie einer Erklärung der Janina Riaukaitė bei: Sie beklagt sich ebenfalls, daß die Schwestern sie, als Gläu­bige, verfolgen und es zulassen, daß ein anderer Insasse namens Rimša sie mit Fäusten traktiert.

Außer J. Dotienė und A. Stokorienė verfolgt und terrorisiert auch die Oberschwester Kuprelienė die gläubigen Insassen des Internats. Wegen des Schreibens von Beschwerden wird mit dem Rausschmiß und anderen Strafen gedroht, wogegen der Artikel 47 der Verfassung der UdSSR unter­streicht, daß Personen, die jemanden wegen der Kritik verfolgen, zur Ver­antwortung gezogen werden.

An den Generalsekretär der ZK der KPdSU, M. Gorbatschow Abschrift an den Generalstaatsanwalt der UdSSR

 

Erklärung

der Familie Gražulis, wohnh. in Dorf Mankūnai, Rayon Alytus

Am 2. Februar 1988 verurteilte das Volksgericht in Kapsukas das Mitglied unserer Familie, Petras Gražulis, wegen seiner Weigerung, an militärischen Ausbildungsübungen teilzunehmen, zu 10 Monaten Freiheitsentzug. Es ist uns schmerzlich, daß die Äußerung der prinzipiellen Überzeugungen eines Menschen auf dem religiösen oder nationalen Sektor durch die Verweige­rung der Kriegsdienstleistung vom Gericht als beachtungsunwürdige Motive angesehen wurden. Umso verletzender ist es, daß das sowjetische Gericht das Verhalten P. Gražulis' bei der Verteidigung der eigenen Über­zeugungen bis hin zu dem Entschluß, dafür sogar ins Gefängnis zu gehen, offiziell als ein Vergehen betrachtet, das aus eigennützigen Beweggründen begangen wurde. Wir protestieren gegen diese amoralische und inhumane Formulierung des Gerichtsurteils.

Uns, die Verwandten von P. Gražulis, die im Gerichtssaal anwesend waren, bestürzte das Benehmen der Beamten nach dem Vorlesen des Gerichts­urteils. Nach Artikel 267 der StPO hat der Verurteilte das Recht, seine Bemerkungen für das Sitzungsprotokoll zu äußern. „Der Kommentar zur StPO der LSSR", (Vilnius, „Mintis", 1976) erklärt auf Seite 288: „Der Verur­teilte hat das Recht, nach der Urteilsverkündung den Vorsitzenden zu bit­ten, ihm das Wesen des Urteils zu erklären". Der Verurteilte hat also das Recht, auch nach der Urteilsverkündung einiges zu sagen. Kaum aber hatte der verurteilte P. Gražulis seinen Mund aufgemacht, sprangen Beamte in Zivil auf ihn zu und drückten mit den Händen seinen Mund zu. Diese Tatsache bestätigt auch der in der Zeitschrift „Tiesa" („Die Wahrheit") vom 27. Februar abgedruckte Artikel von K. Bagdonavičius „Kaip daromi ,įvykiai' ir ,istorijos"' - „Wie werden ,Vorfälle' und ,Geschichten' gemacht". Als Gražulis P. sich widersetzte, wurde er im Beisein seiner Verwandten und der Prozeßteilnehmer geschlagen; Folge war ein Nasenbluten des Angeklagten. Während der Besuche seiner Brüder und Schwestern erzählte P. Gražulis später, daß ihm die Beamten während des Gerangeis im Gerichtssaal irgendwelche Chemikalien ins Gesicht und in den Mund gesprüht hätten, die seine Sprachfähigkeiten gelähmt haben. Die Beamten packten ihn an Händen und Füßen und trugen den blutüberströmten P. Gražulis aus dem Gerichtssaal. Ist ein solches Benehmen der Beamten nicht eine grobe Verletzung der Gerechtigkeit, die sich im Gerichtssaal im Beisein der Verteidiger und Richter zugetragen hat ? In der Zeitung „Gim­tasis kraštas" („Heimatland") vom 7. -13. April 1988 erklärte der Innenmini­ster der LSSR, General S. Lisauskas, daß P. Gražulis von niemandem im Gerichtssaal geschlagen worden sei. Wir, die Verwandten von P. Gražulis, die im Gerichtssaal gewesen sind, erklären, daß dies nicht die Wahrheit ist; P. Gražulis wurde vor unseren Augen geschlagen. Wir protestieren gegen dieses rechtswidrige Benehmen der Beamten und fordern den Innenmini­ster der LSSR, S. Lisauskas, auf, seine unwahre Erklärung zu widerrufen.

Bald nach der Gerichtsverhandlung hat die Rayonzeitung von Kapsukas „Naujasis kelias" („Der neue Weg") am 13. Februar einen Artikel „Vėl tie patys" - „Wieder dieselben" von R. Liepa veröffentlicht. In diesem Artikel wird der Gerichtsprozeß beschrieben, werden aber die wahren Gründe des Verhaltens von P. Gražulis, wegen denen er die Teilnahme an militärischen Übungen verweigert hatte, vollkommen verschwiegen. Uns, die Nächst­verwandten von P. Gražulis, kränkten die Behauptungen dieses Artikels, die die Mutter des Verurteilten, Monika Gražulienė, betrafen. Diese Geschichte erinnert an die Methoden, die zu Stalins Zeiten angewandt wurden, um „Geständnisse" herauszubekommen. Am 7. Januar 1988 kam der Milizbevollmächtigte der Abteilung für innere Angelegenheiten der Ortschaft, Miroslavas, im Rayon Alytus zur Mutter von P. Gražulis. Nach einer entrüsteten Rede über die kommende Gerichtsverhandlung setzte er ein Schreiben auf und befahl M. Gražulienė, es zu unterschreiben. Diese, noch ganz verwirrt und ohne zu begreifen, was man tun soll, unterschrieb es. Mit der Erklärung vom 9. Januar 1988 an den Verteidigungsminister der UdSSR, Jasow, widerrief M. Gražulienė ihre Unterschrift, für den Journa­listen R. Liepa ist aber das von dem Milizbevollmächtigten aufgesetzte Schreiben eine wahre „Goldgrube" für seine absurden Anschuldigungen gegen P. Gražulis: Er habe zu Hause auch nicht mitgeholfen, die tägliche Arbeit sei ihm uninteressant gewesen, er wolle durch eine Tätigkeit mit „politischem Klang" berühmt werden.

Heute, zur Zeit der Umwandlung, hat das Oberste Gericht der UdSSR die Praktiken der stalinistischen Zeiten verurteilt, wo die Angeklagten ange­schuldigt wurden auf Grund von „Geständnissen", die bei den Vernehmun­gen rechtswidrig zustande gekommen sind. Der Korrespondent der Rayon­zeitung von Kapsukas, R. Liepa, begründet aber gerade auf diese Weise die gegen P. Gražulis erhobenen Anschuldigungen. Wir fordern R. Liepa auf, diese in seinem Artikel veröffentlichten Verleumdungen gegen P. Gražulis zu widerufen.

Es unterschrieben:

Marytė Jagulaitienė, Kaunas, Draugystės 9-10 Angelė Gražulytė, Kaunas, Draugystės 9-10 Albina Gražulytė, Rayon Alytus, Dorf Mankūnai

Valė Gražulytė, Kaunas, Draugystės 9-10 Antanas Gražulis, Alytus, Margytės 14 Monika Baciuškienė, Alytus, Šviesos 4 Algis Baciuška, Alytus, Šviesos 4 Juozas Jasulaitis, Kaunas, Draugystės 9-10 Kazys Gražulis, Šiauliai, Komjaunimo 17-2 Ona Venskūnienė, Kapsukas, Angariečio 113-507 Monika Gražulienė, Rayon Alytus, Dorf Mankūnai Regina Gražulytė, Rayon Alytus, Dorf Mankūnai Povilas Gražulis, Rayon Alytus, Dorf Mankūnai