In seiner Predigt am 14. Januar 1979 gab Pfarrer Juozas Indriūnas, Vikar der Auferstehungskirche in Kaunas, einige Tatsachen bekannt, die zeigen, wie amo­raiische Hochschullehrer Studentinnen erpressen, unsittliche Handlungen dul­den und so der Jugend unseres Landes Schaden zufügen. Um Studienbescheini­gungen zu erhalten, sind Studentinnen gezwungen, Sittenstrolchen unter den Lektoren zu Willen zu sein.

Unter den gegenwärtigen Bedingungen gibt es nur ein Mittel, amtlicherseits ge­förderte, mit Diplomen und Parteibuch gepanzerte Totengräber der Moral un­serer Jugend zu bekämpfen — radikale Veröffentlichung ihrer Untaten. Aus diesem Grunde nannte Pfarrer Indriūnas die Namen von Prof. T. Šiurkaus, des Lektors Z. Dagys und einiger anderer Personen — in der Hoffnung, so den Ver­derbern der Jugend wenigstens in Zukunft das Handwerk zu legen. Nach dieser Predigt gab es im Medizinischen Institut von Kaunas und beim KGB helle Aufregung, wie in einem Wespennest. Über die Kurie des Erzbistums Kaunas wurde verlangt, Pfarrer Indriūnas solle seine »Verleumdungen« wider­rufen, sonst werde man ein Strafverfahren gegen ihn eröffnen. Der Priester war nicht einzuschüchtern und verweigerte jeden Widerruf. Gegenwärtig bereitet das KGB einen Strafprozeß gegen Pfarrer Indriūnas vor. Besorgt wegen der Sicherheit des beliebten Seelsorgers, haben Gläubige der Stadt Kaunas verschiedenen staatlichen Institutionen Denkschriften übersandt. Hier eine von 300 Personen unterzeichnete Eingabe in vollem Wortlaut:

An den Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Stadt Kaunas

Dem Vernehmen nach versucht die Leitung des Medizinischen Instituts Kaunas über die hiesige Kurie Pfarrer Indriūnas zu zwingen, eine angebliche »Lüge« über die Umstände des Ablebens von Prof. T. Šiurkaus zu widerrufen . . . Wir sind hierüber empört. Den Einwohnern von Kaunas sind die Todesumstände von Prof. T. Šiurkaus sehr wohl bekannt. Ihr Versuch, allgemein bekannte Tat­sachen zu vertuschen, wirft einen dunklen Schatten auf Sie selbst und erregt das Mißtrauen der Volksmassen gegenüber der von Ihnen geleiteten Behörde. Unsere Hochschulen haben wegen vieler ähnlicher Fälle bereits traurige Be­rühmtheit erlangt. Doch anerzogene, sklavische Furcht hemmt die Studenten­schaft, erwiesene Tatsachen zu bestätigen. Im Bestreben, eine Hochschulausbil­dung unter allen Umständen abzuschließen, verheimlichen die Studentinnen vor der Öffentlichkeit das zudringliche und amoralische Verhalten verschiedener Lehrer während der Examina, oder vertrauen sich nur nahestehenden Personen an, mit der Bitte, ja nichts weiterzuerzählen.

Man darf nicht länger schweigen. Aus Sorge um die Zukunft unseres Volkes protestieren wir gegen den Versuch, allbekannte Fakten abzustreiten. Mit sol­chen Mitteln ist das Prestige der Hochschule nicht zu retten, vielmehr werden Auswüchse dadurch nur noch begünstigt. Das amoralische Verhalten gewisser Lektoren muß in aller Öffentlichkeit geahndet und die Wiederholung ähnlicher Verbrechen in Zukunft mit allen Mitteln verhindert werden.

Wir schlagen vor, eine Kommission aus Vertretern zuständiger Behörden und der Öffentlichkeit zu bilden, die ähnliche Fälle sorgfältig untersucht und weite­res Umsichgreifen derartiger Übelstände endgültig verhindert.

Einwohner der Stadt Kaunas (300 Unterschriften)