Grinkiškis

Antwort des Priesters Juozas Vaičekauskas an die Mitglieder der Kontroll­kommission zur Einhaltung der Gesetze für religiöse Kulte beim Exekutiv­komitee des Rayons Radviliškis.

Die Mitglieder der Kontrollkommission zur Einhaltung der Gesetze für
religiöse Kulte schreiben in ihrem offenen Brief an die Priester Juozas
Vaičekauskas und Antanas Jokubauskas, veröffentlicht in der Rayon-Zeitung
» Komunizmo        (Morgenröte des Kommunismus) vom 8. April 1981,

in Beantwortung der Frage, wer regiert die katholische Kirche, folgendes: »Wir können euch Pfarrern antworten. Die katholische Kirche regieren die Gläubigen selber. Zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse laden sie ein oder bekommen von der Diözese einen Kultdiener bestimmt, dessen ein­zige Aufgabe darin besteht, religiöse Riten und Zeremonien zu vollziehen, und sonst nichts.«

Sie irren sich, verehrte Atheisten aus dem Exekutivkomitee des Rayons Radviliškis, und bringen andere durcheinander, auch wenn es nicht feststeht, ob wissentlich oder aus Unkenntnis! Die katholische Kirche regiert der Papst in Rom und die Bischöfe. Ich zitiere: »Diese Lehre über Einrichtung, Dauer, Gewalt und Sinn des dem Bischof von Rom zukommenden heiligen Primates sowie über dessen unfehlbares Lehramt legt die Heilige Synode abermals allen Gläubigen fest zu glauben vor. Das damals Begonnene fortführend, hat sie sich entschlossen, nun die Lehre von den Bischöfen, den Nachfolgern der Apostel, die mit dem Nachfolger Petri, dem Stellvertreter Christi und sichtbaren Haupt der ganzen Kirche, zusammen das Haus des lebendigen Gottes leiten, vor allen zu bekennen und zu erklären.« (Dogmatische Kon­stitution über die Kirche, Nr. 18.)

»Die Bischöfe haben also das Dienstamt in der Gemeinschaft zusammen mit ihren Helfern, den Priestern und den Diakonen, übernommen. An Gottes Stelle stehen sie der Herde vor, deren Hirten sie sind, als Lehrer in der Unterweisung, als Priester im heiligen Kult, als Diener in der Leitung.« (O. C., Nr. 20).

»Unter der Autorität des Bischofs heiligen und leiten sie (die Priester) den ihnen zugewiesenen Anteil der Herde des Herrn,... (O. C., Nr. 28). »Die Laien sollen wie alle Gläubigen das, was die geweihten Hirten in Stell­vertretung Christi als Lehrer und Leiter in der Kirche festsetzen, in christ­lichem Gehorsam bereitwillig aufnehmen.« (o. c, Nr. 3). Die gläubigen Laien regieren die Kirche nicht, jedoch »haben sie die Mög­lichkeit, bisweilen auch die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, zu erklären.« (1. c.)

Wenn die Gläubigen der Katholischen Kirchenkomitees in der Weise die Kirche regieren würden, wie es die Atheisten von ihnen verlangen, müssen sie damit rechnen, exkommuniziert zu werden, das heißt Ausschluß aus der Gemeinschaft der Gläubigen (Codex juris canonici, c. 2114, 2334, 2345).

In Litauen ist die Katholische Kirche vom Staat getrennt, aber Sie, verehrte Atheisten, geben Befehle an Priester und Gläubige. Warum mischen Sie sich in innerkirchliche Angelegenheiten ein? Warum haben Priester und Gläubige nicht das Recht, die Kirche zu verteidigen? Ein Priester ist doch kein Gott­loser, sondern ein gläubiger Mensch.

Wenn ich als katholischer Priester die atheistischen Dogmen akzeptieren und atheistische Befehle ausführen würde, verstieße ich gegen Kirchendoktrin und würde mich der Bestrafung durch die Kirche aussetzen. Außerdem ist es mir nicht möglich, gegen meine Uberzeugung und gegen mein Gewissen zu han­deln! Ich bin Christi Priester, also ein Priester der Katholischen Kirche und kein Waschlappen der Atheisten.

Gläubige brauchen keinen Priester mit einer roten Nelke im Knopfloch. Solche Priester lehnen sie ab. Die Gläubigen sind bereit, ihren letzten Brot­krumen mit einem Priester Christi zu teilen. Sie leiden und freuen sich mit ihm gemeinsam. Sie aber wollen den Priester von den Gläubigen trennen! Ihr öffentlicher Brief in der Rayon-Zeitung stachelte die Leute auf: »Seht nur, welche Bestien und unverschämte Lümmel die Priester sind!« Es fällt mir schwer zu glauben, daß Sie nicht wissen, was die sowjetische Verfassung zu so etwas sagt!

Ihre Behauptungen, verehrte Atheisten, daß ich sowjetischen gesetzlichen Aufforderungen keine Folge leiste, sind Verleumdungen. Jedes Mal bin ich hingegangen, es sei denn, Krankheit oder ein anderer triftiger Grund hinderte mich daran. Ich habe meine Uberzeugung. Ich habe das Recht, diese schrift­lich und mündlich zu verteidigen. Weshalb greifen Sie mich so gehässig an? Sie beanspruchen für sich Kultur und Höflichkeit, bezeichnen mich aber als Rowdy. Wenn ich das wäre, warum haben dann die Gläubigen mit mir den Saal verlassen, als die Miliz mich aus dem Versammlungsraum des Exekutiv­komitees von Radviliškis hinauswarf? Anständige Leute pflegen keinen Kon­takt zu Rowdies. Doch die Gläubigen unterstützen und kämpfen für ihre Priester!

Sie bezeichnen mich als Unkraut, als Distel. Nun, Ihr Vorhaben liegt klar auf der Hand. Sie wollen mich wie Unkraut vernichten! Ich bemerkte es auch am 10. März 1981 in dem Saal in Radviliškis. Es ist klar, daß Unkraut kein Recht besitzt. In Ihren Augen bin nicht nur ich, nein sind alle Priester in Litauen Unkraut, das ausgerottet werden muß! Es ist daher nicht verwunder­lich, daß Sie dementsprechend auch handeln.

Sie beschuldigen mich, sowjetische Gesetze übertreten und andere Geistliche ebenfalls dazu veranlaßt zu haben. Als ich nach Radviliškis ging, um in Er­fahrung zu bringen, welche sowjetischen Gesetze es gewesen sein sollen, haben Sie mich mit Hilfe der Miliz aus dem Saal hinausgeworfen! Diesen Vorfall öffentlich in Ihrem Brief zu erwähnen, den Sie in der Rayon-Zeitung ver­öffentlicht haben, trauten Sie sich aber nicht! Alfredas Krikštanas, Sie erin­nern sich bestimmt noch, als ich Sie fragte, welche Priester ich denn gezwun­gen haben sollte, sowjetische Gesetze zu übertreten. Sie antworteten mir nicht, denn es gab keine Antwort. Die Beschuldigungen waren aus der Luft ge­griffen.

Noch ein Wort zu den Predigten: Ein Priester soll also still sein, wenn atheistische Lehrer gläubige Kinder zum Gespött machen. Für Sie ist ein Priester nichts als Unkraut. Also muß er sich auch still verhalten. Er soll auch zum Problem der Trunksucht den Mund halten. Sie sagen ja, daß er nur die religiösen Riten zu vollziehen habe, und sonst nichts.

 

Soziologen und Ärzte haben schon oft in der sowjetischen Presse über freie Arbeitstage für die Landarbeiter geschrieben. Sie arbeiten jedoch nach wie vor das ganze Jahr hindurch ohne einen einzigen freien Tag. Und darüber soll ein Priester nicht sprechen dürfen?

Werte Atheisten, behaupten Sie nur nicht, die Gläubigen zu verteidigen und zu beschützen. Das kauft Ihnen kein einziger Gläubiger ab. Ihr werdet ledig­lich als Wolf im Schafspelz angesehen. Durch die Verleumdungen von Prie­stern, Ihre Angriffe auf sie mit Unterstützung der Miliz ernten Sie nichts weiter als Widerwillen und Abscheu.

Sie geben Befehle, wollen die Kirche regieren. Wer weiß, vielleicht gelingt Ihnen das eines Tages, denn noch ist das Recht der Macht auf Ihrer Seite!

Die Zukunft wird es uns lehren! Aber eine solche von Ihnen regierte Kirche bleibt nicht länger eine Kirche Christi, nicht mehr die katholische Kirche.

Zum Schluß bitte ich Sie eindringlich, Ihr Brüder Atheisten, Euch von Eurem Haß zu befreien. Vergessen Sie nicht, daß die Gläubigen und Priester auch Menschen sind. Vergessen Sie nicht, daß ein Sieg in einem ideologischen Kampf unmöglich durch Haß und Gewalt errungen werden kann!

Pfr. Juozas Vaičekauskas

Grinkiškis, 10. April 1981

 

 

Kretinga

 

Am 10. Mai 1981 schrieben Barbora Leliūnaitė, wohnhaft in Kretinga, Komjaunimo 5, sowie 136 Gläubige den nachfolgenden Brief an Petras Griškevičius, den Ersten Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Litauischen SSR:

Am 14. April dieses Jahres errichtete ich auf meinem Innenhof ein kleines Kapellchen im Samogitia-Stil. Aufgrund eines Briefes der Kanzlei der Diözese Telšiai ist das erlaubt. In diesem Brief, der am 11. Oktober 1954 an alle Priester geschickt wurde, stand folgendes: »Es ist gestattet, Kreuze nicht nur auf Kirch- und Friedhöfen zu errichten, sondern gleichfalls auf den Privat­grundstücken von Gläubigen (Nr. 577).« Darüber hatte es bestimmt zuvor eine Vereinbarung mit dem Bevollmächtigten für Religiöse Angelegenheiten gegeben, das heißt in diesem Fall mit der Regierung. Dieses Abkommen wurde niemals widerrufen und ist nach wie vor gemäß Artikel 52 der Ver­fassung der Litauischen SSR gültig.

 

Trotzdem hat mich das Exekutivkomitee des Rayons Kretinga zum 5. Mai d. J. vorgeladen, wegen »illegaler Bautätigkeit«. Da ich erkrankt war, konnte ich nicht selbst dorthin gehen. Das Schreiben Nr. 158 vom 5. Mai ordnete darauf­hin an, das Kapellchen binnen eines Monats abzubrechen. Am 15. Mai um 4.00 Uhr morgens drangen fremde Männer auf mein Grund­stück ein, rissen das Kapellchen nieder und verluden die einzelnen Teile mit 5 kleinen Statuen, die dort standen, auf einen Lastwagen und fuhren davon. Dieses Geschehen beruhte offensichtlich auf einem Auftrag des Exekutiv­komitees von Kretinga. Nicht nur ich, auch andere Gläubige sind über den Vorfall sehr aufgebracht.

Die Gläubigen verlangen und ich bitte Sie darum, das ungesetzlich angeeig­nete Kapellchen und die Statuen zurückzugeben. 1. Es ist doch gestattet, Kreuze und damit auch Kapellchen auf dem eigenen Grund und Boden auf­zustellen.

2.     Das Exekutivkomitee des Rayon Kretinga hat damit gegen seine eigene Bestimmung verstoßen, indem es 20 Tage vor der von ihm selbst gesetzten Frist das Kapellchen konfiszierte. In diesen 20 Tagen hätte ich die Ange­legenheit selbst gütig geklärt und geregelt.

3.     Sie haben das Kapellchen bei Nacht abgebrochen wie Diebe, die das Tageslicht scheuen. Doch selbst bei Tag hätte doch niemand einer solchen Schar von Männern Einhalt gebieten können. Dadurch haben sie bewiesen, daß die in der sowjetischen Verfassung garantierte Religionsfreiheit nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Denn Religion wird mit Macht zerstört, und auf der anderen Seite wird der Bevölkerung aber auch durch eben dieselbe Macht der Atheismus aufgezwungen.

4.     Im Hinblick auf die von der sowjetischen Verfassung garantierte Gewis­sens- und Religionsfreiheit scheint es logischerweise paradox, wenn man sich erst eine Erlaubnis holen muß für die Errichtung eines Kapellchens oder eines Kreuzes im eigenen Garten. Doch, wir wissen es. Doch die Atheisten kümmern sich weder um die Verfassung, noch um die Menschenrechte: Sie zerstören fanatisch alles, was auch nur im Entferntesten mit Religion zu tun hat. Ein Paradebeispiel dafür ist der immer wieder brutal heimgesuchte Kreuzberg. Bildstöcke am Wege, religiöse Standbilder wurden in Plungė und Pajūris zerstört. Der Friedhof in Kelmė und anderen Orten Litauens und Kirchen, die niedergebrannt oder die in Handelshäuser umfunktioniert wurden ... sie beweisen es.

 

Ist die Regierung machtlos diesem grausamen atheistischen Terrorismus gegenüber? Wir in Kretinga sind empört über das Verhalten der Regierungs­atheisten, die die grundlegendsten Menschenrechte dauernd verletzen. Mit Barbora Leliūnaitė verlangen wir, den angerichteten Schaden (und das Ärgernis) wieder gutzumachen. (Anmerkung der Redaktion: Die Menschen legten auf den Überresten des Kapellchens Blumen nieder. Ende Mai er­schien daraufhin erneut die Miliz, zerschlug die Fundamente und transpor­tierte die Steine ab.)

 

Šeduva

An die Kanzlei der Diözese Panevėžys.

Im Laufe der letzten Jahre wurde verschiedentlich in der Kirche von Šeduva eingebrochen und gestohlen.

Im Jahre 1954 fand ein Einbruch durch die Fenster statt. Die Altardecken von den fünf Altären und die Teppiche von den Altarstufen wurden ge­stohlen.

Am 5. Mai 1976 um 15.00 Uhr wurden die Schlösser der Kirchentüren auf­gebrochen, Kreuze von den Altären gestohlen und die Opferstöcke ausge­raubt. Ein halbes Jahr später faßte man 6 Jugendliche aus Šiauliai. Auf ihr

Konto gingen ebenfalls Einbrüche in andere Kirchen; ebenfalls wurde von ihnen ein Mann getötet... Sie wurden für schuldig befunden und verurteilt. Im Jahr 1976 wurde vom Kirchhof Glas gestohlen, welches für die Repa­raturen an Kirchenfenstern vorgesehen war. Nach einer Anzeige bei der Miliz hielt es niemand für nötig, wenigstens den Tatort zu besichtigen. Am 12. August 1978, als der Küster die Kirche aufschloß, kamen zwei Ju­gendliche herein. Sie schauten sich angelegentlich um. Dabei brachen sie einer der Kreuzwegfiguren den Kopf ab und liefen davon. Das Kunstwerk blieb beschädigt.

 

Am 19. Oktober 1978 wurde ein Stück Leinen in den Maßen 1 x 0,5 Meter aus dem Bild der 11. Kreuzwegstation auf dem Kirchhof herausgerissen. In der Nacht des 7. November 1978 wurde das Kreuz vom Gitter des Haupt­portales am Kirchhof entfernt. Das Gitter wurde dabei verbogen. Am Morgen des 16. Januar 1980 fand man ein eingeschlagenes Kirchen­fenster. Es befindet sich in einer Höhe von 4,5 Metern. Blutspuren zufolge, die man entdeckte, muß sich der Täter dabei verletzt haben. Vielleicht wurde der Täter durch die Alarmanlage aufgeschreckt... Gebetbücher und Rosenkränze sind ein häufiges Objekt für Diebe. Einen anderen unerfreulichen Vorfall möchte ich näher schildern: Am 5. Februar 1979 um 13.00 fiel eine Gruppe Jugendlicher in der Vorhalle der Kirche auf (die Glastüre zur Kirche war noch geschlossen). Der Küster Monkus bemerkte sie und ging auf den Kirchhof hinaus. Dort traf er drei Jugendliche, die unter ihren Mänteln Teile eines Weihrauchfasses verbargen. Er forderte sie auf, ihm die Teile zurückzugeben. Doch die Jugendlichen drohten ihm und liefen davon. Er teilte uns den Diebstahl mit. Dann liefen wir in die Stadt, in der Hoffnung, von den Dieben noch eine Spur zu finden. Leider konnten wir nur in Erfahrung bringen, daß ein Reisebus am Kauf­laden gehalten hatte und daß Verkäuferinnen nachdem die Reisenden im Laden versammelt waren, schnell wegen Mittagessen geschlossen haben ...

 

Wir erstatteten Anzeige bei dem Bevollmächtigten der Miliz von Šeduva. Gegen Abend kam er, um den Schaden zu besichtigen. Auf dem Kirchhof konnte man ihre Spuren verfolgen: Die Kreuze der 2. und 3. Kreuzweg­station waren abgerissen und die Glasscheiben einiger Kapellchen zerbro­chen. Am Grab des Priesters V. Milvidas war der Korpus vom Kreuz herun­tergerissen. Es war auch der Versuch unternommen worden, von einem wert­vollen Metallkreuz aus dem Jahr 1898 den Korpus zu entfernen. Das Kreuz trägt die Inschrift: »Stiftung der Jünglinge zur Ehre Gottes«. Jugendliche sind auch dieses Mal hier gewesen... Das Kreuz hatte so manchen Sturm überstanden. Nun haben sie davon die Arme und Beine abgebrochen. Der Rest war zu schwer für sie, nicht einmal mit dem Stemmeisen vermochten sie die feste Verankerung in der Mitte des Korpus zu lösen. Sie haben auch den Keller der Kirche heimgesucht und zerstörten alles, was sie dort fan­den ... Das Weihrauchfaß war von dort gestohlen worden. Überall lagen Zigarettenstummel herum. Der Kirchhof war beschmutzt worden. .. Die Miliz nahm den Tatbestand auf, unternahm jedoch nichts. Ich selbst mußte es tun. Am 7. Februar erfuhr ich, daß die in Šeduva gewesenen Touristen in Vilnius angekommen wären. Sie sollten noch am gleichen Abend weiter nach Krivoy Rog, ihrem Heimatort, zurückfahren. Ich erfuhr auch, daß am 5. Februar ein Jugendlicher aus der Altstadtkirche in Panevėžys während der Messe ein Kreuz gestohlen hatte. Auf der Straße faßte man ihn und brachte ihn zur Miliz. Nach drei Stunden ließ man ihn frei. Er kam aus Krivoy Rog. Wir mußten uns also beeilen. Wir gingen zum Hauptbahnhof von Vilnius. Es war 21.00 Uhr und der Zug sollte in 25 Minuten abfahren. Wir hörten, daß die Touristen im Waggon Nr. 13 säßen. Wir liefen zu dem vom Zugführer bezeichneten Waggon, in dem die ca. 30 Jugendlichen mit Ziel Krivoy Rog saßen. Wir verlangten den Gruppenleiter. Daraufhin kamen zwei junge Frauen und wir fragten sie: »Sind Sie mit Ihrer Gruppe in Panevėžys ge­wesen?« Sie bestätigten es. »Welches Ihrer Kinder hat etwas in der Altstadt­kirche in Panevėžys gestohlen?« fragte ich die Reiseleiterin. »Das schon, aber wir haben uns darüber schon verständigt«, sagte die Leiterin. »Es tut uns leid, aber ein paar Jugendliche von Euch haben auch die Kirche von Šeduva bestohlen.« Sie stritt es ab.

 

»Da einige von Ihren Jungen die Kirche bestohlen haben, sagen Sie ihnen, daß sie das Gestohlene zurückgeben sollen. Sonst zeigen wir sie an.« Die Leiterin verteidigte die Kinder: »Wir dulden nicht, daß Sie die Kinder so schockieren . .. Wir werden uns schriftlich beschweren...« Wir entgegneten, daß wir ein Recht haben, das uns Gestohlene zu suchen. Wenn wir es nicht zurückerhielten, würden wir zur Miliz gehen. Zwei von uns gingen zur Bahnhofsmiliz. Einer blieb im Zug. Die Miliz be­stand aus vielen Männern: Hilfsmilizbeamten, die eine rote Armbinde trugen. Wir wandten uns an den uniformierten Kapitän der Miliz und sagten, daß wir aus Šeduva gekommen sind, weil man etwas aus unserer Kirche gestohlen hat und die Diebe sich im Waggon Nr. 13 befänden. Wir baten um eine Untersuchung, weil der Zug in 10 Minuten abfahren sollte. Der uniformierte Kapitän antwortete:

»Wir untersuchen nichts. Das soll die Miliz von Radviliškis tun.«

Ein anderer Beamter bestätigte, daß sie den Zug nicht begleiten würden.

»Was sollen wir denn tun? Selbst suchen?« fragte ich.

 

Der Kapitän antwortete: »Sie können suchen.« Wir eilten zum Waggon zurück und trafen den Mann, den wir zurückgelassen hatten. Er kam und hielt uns das Weihrauchfaß entgegen (das Weihrauchfaß wurde vor 300 Jahren in Warschau angefertigt). Eine Kette fehlte und die anderen beiden waren zerrissen.

Die Reiseleiterin schlug die Hände vor ihr Gesicht: »Schande! Schande! Was sollen wir tun?«

Wir fragten, welche atheistische Gesinnung die Schüler der Technischen Schule in Kirvoy Rog zu einer derartigen Tat veranlaßt hat... Es durften

doch nur die besten Schüler an dem Ausflug teilnehmen ...

Wir sind sehr konsterniert und fragen uns, welchen Sinn die Bahnmiliz hat.

Nicht einmal, als die Täter gefunden waren, erklärten sich weder der Kapitän noch sein Heer der Helfer zur Hilfe bereit... Werden sie nur bei Paraden

aktiv?

Šeduva, 5. Februar 1981

Kanonikus Br. Antanaitis,

Pfarrer der Pfarreien Šeduva und Dambrava

 

Josvainiai (Rayon Kėdainiai)

 

Am 3. April 1981 bestellten die Vorsitzenden der Kolchose Josvainiai und »Mičiurinas«, Antanas Laurinavičius und Kazys Šidlauskas, beide Mitglieder der Kommunistischen Partei sowie Atheisten, die Mitglieder des Kirchen­komitees von Josvainiai zu sich ins Büro nach Josvainiai, ohne einen Zweck anzugeben. Bestellt waren: Aleksas Brazauskas, Ignas Hurtilius, Kazys Dzikas, Alfonsas Mykolaitis, Juozas Mančinskas, Aloyzas Pranevičius, Va­lentinas Sirvidas, Apolinaras Šmigelskis und Viktoras Zinkevičius. Nicht geladen waren Pfr. Leonas Kalinauskas, der Küster Julius Šulcas, ebenfalls Mitglieder und der Vorsitzende des Kirchenkomitees, Vincas Urbonas. Der dort anwesende A. Juškevičius, Vicevorsitzender aus dem Rayon Kėdainiai, verlangte von ihnen, daß sie auf der Stelle einen neuen Vorsitzenden für ihr Kirchenkomitee wählen sollten. Sie hatten auch schon einen Kandidaten parat. Der Antrag wurde jedoch einstimmig abgelehnt.

 

A. Juškevičius verlangte außerdem, daß die Kirchenkomiteemitglieder einen neuen Vertrag mit dem Rayonkomitee von Kėdainiai unterzeichnen sollten. Sie protestierten kategorisch dagegen und wiesen darauf hin, daß der 1948 unterzeichnete Vertrag unbefristet und dementsprechend immer noch voll gültig sei. Ein neuer Vertrag würde den Atheisten ein Mitspracherecht in den ureigensten Angelegenheiten der Kirche einräumen, was gleichzeitig bedeuten würde, daß die Kirche an die Atheisten abgetreten sei. Der Schatzmeister Jonas Leonavičius fragte: »Warum brauchen wir einen neuen Vertrag, wenn die Kirche vom Staat getrennt ist?« Aloyzas Pranevičius, er ist Mitglied des Kirchenkomitees im Dorf Angiriai, forderte, daß auch der örtliche Pfarrer mit dazu eingeladen werden sollte. Denn, so argumentierte er, bei Kolchos­versammlungen sind auch immer die Vorsitzenden dabei. Und der Pfarrer gehöre auch zu den Dingen, die die Kirche betreffen.

 

»Sein Platz ist am Altar. Hier wird er nicht gebraucht! Ihr seid alle vom Pfr. Kalinauskas aufgestachelt worden«, antwortete der Vicevorsitzende des Rayons Kėdainiai, Juškevičius, verärgert.

Es war nicht das erste Mal, daß offizielle Stellen des Rayons Kėdainiai ver­suchten, das Kirchenkomitee von Josvainiai zur Unterschrift unter einen unilateralen, von Atheisten diktierten, trügerischen und zweideutigen Ver­trag zu zwingen.

Die Kolchosvorsitzenden A. Laurinavičius und Kazys Šidlauskas lassen große Häuser gleich neben dem Kirchplatz errichten. Dagegen mußte der Priester eine neue Wohnung suchen, die in beträchtlicher Entfernung von der Kirche liegt, und das Pfarrhaus räumen.

 

Šiauliai

 

1972 belegte Dalia Tamutytė (wohnhaft in Šiauliai, Ežero 65, Appartement 35) Fächer an der Musikfachschule in Šiauliai. Sie selbst wie auch ihre Mutter wurden von den Lehrern wegen ihrer Frömmigkeit öfters verwarnt. Bei der Abschlußprüfung im Jahre 1976 erhielt sie als gute Schülerin eine Empfeh­lung für das Staatskonservatorium in Vilnius. Sie wurde nicht angenommen. Frl. Tamutytė kehrte nach Šiauliai zurück und versuchte dort, auf ihrem Gebiet eine Arbeit zu finden. Direktor Kleišmanas von der Abteilung für Volksbildung in Šiauliai konnte der jungen Musiklehrerin nichts anbieten. Sie selbst fand dann eine Stelle als Musiklehrerin in einem Kindergarten. Die Atmosphäre dort war wirklich sowjetisch: einige Frauen tranken fast täglich zusammen mit der Direktorin während ihrer Arbeitszeit. Da Fräulein Tamutytė Nichtalkoholikerin ist, war sie bei den Kolleginnen nicht beliebt und mußte Dementsprechendes durchstehen. Schließlich erhielt sie eine öf­fentliche Rüge, weil sie sich nicht an »sozialen« Aktivitäten beteilige. Nach 4 Jahren mußte sie »auf eigenen Wunsch« diese Stelle verlassen. Da sie feststellte, daß sie in ihrem Gebiet nicht mehr arbeiten konnte, nahm sie schließlich Arbeit in der Frauenklinik der Stadt Šiauliai als Stenotypistin an. Später (die »Chronik der Litauischen Katholischen Kirche« Nr. 45 berichtete darüber) »belehrten« zwei Beamte die Angestellte der Klinik. Das war am 10. September 1980. Es handelte sich dabei um den Beamten Slankauskas sowie einen nicht näher identifizierten Beamten. Dalia Tamutytė mußte wieder »auf eigenen Wunsch« ihren Arbeitsplatz verlassen, denn sie galt nach dem Besuch der Tschekisten als »persona non grata«. Als sie am 21. Oktober mit ihrer Arbeit aufhörte, fragte sie der Verwalter: »Kennen Sie Frau J. Petkevičienė?«

»Ja, sie ist eine entfernte Verwandte von mir.«

 

»Na so was! Wir brauchen eben keine zweite Petkevičienė in der Klinik!«

Fräulein Tamutytė konnte sich nicht beschweren, denn ihre Stelle war die einer Stenotypistin, offiziell war sie aber als Lernschwester angestellt.

Am 1. Dezember 1980 fand sie eine Stelle als Sekretärin beim Wohnungsamt der Stadt Šiauliai. Doch bereits am 13. Januar 1981 besuchte sie auch dort ihr ständiger Chef, der Tschekist Slankauskas. Zuerst zeigte er ihr eine Foto­kopie aus der Ausgabe Nr. 45 der »Chronik der Litauischen Katholischen Kirche«, den Text, worin ein Bericht über sie und ihren Vater Jonas Tamutis geschrieben stand. Der Tschekist verlangte von ihr, daß sie ihm sagte, auf welche Weise diese Informationen in die Untergrundpresse gelangt seien. Er drohte ihr: »Wagen Sie bloß nicht, an Prozessionen teilzunehmen, weder nach Šiluva noch sonst wohin. Wir werden kurzen Prozeß mit diesen Splitter­gruppen machen. So wie mit Gemma Stanelytė. Jetzt kommt Jurevičius dran!« Als sie fragte: »Wer ist denn der nächste?« schwieg der Tschekist. Unver-richteter Dinge mußte er gehen.

 

Am 27. März 1981 rief der Direktor des Wohnungsamtes, Černiauskas, Dalia zu sich und teilte ihr mit, sie müsse sofort zur Sicherheitspolizei gehen, weil sie eine Aufforderung zur Zeugenaussage im Fall Mečislovas Jurevičius er­halten hätte. Im Büro der Sicherheitspolizei wollte man sie zwingen, ein schriftliches Geständnis darüber abzulegen, an wen sie die Informationen über ihre Gespräche mit dem KGB weitergegeben hätte. Sei es Jurevičius oder Frau Petkevičienė gewesen? Der Tschekist Slankauskas sowie der Stell­vertreter des Chefs der Sicherheitspolizei, A. Ališauskas, verhörten Fräulein Tamutytė. Unbeeindruckt von den Schreien, Drohungen lehnte sie katego­risch jegliches schriftliche Geständnis ab. Daraufhin versuchten es die Sicher­heitsbeamten mit Bestechung. Sie solle für jedes Exemplar der Unter­grundpresse, das sie bei ihnen abliefere, 50 Rubel erhalten. Wenn nicht, lande sie auf dem Elektrischen Stuhl...

 

Als Fräulein Tamutytė an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte, flehte Direktor Černiauskas sie an, ihre Arbeit zu kündigen, und zwar freiwillig, weil die Sicherheitspolizei sie doch nicht in Ruhe lassen würde. Also kündigte sie wieder »auf eigenen Wunsch«. Dieses Mal zum 1. April. Sie selber sagte: »Ich schreibe diese Erklärung, weil das Staatssicherheitskomitee Šiauliai meine Entlassung veranlaßt hat.«

Die Sicherheitsbeamten drohten Fräulein Tamutytė: »Wir werden uns wieder­sehen, wenn Sie sich nicht ruhig verhalten. Kommen Sie nicht, bringen wir Sie mit Gewalt hierher. Wir lassen Sie in Ruhe, solange Sie mit niemandem über unsere Gespräche reden. Sie werden aber so lange nicht arbeiten dürfen, bis Sie uns verraten, auf welche Weise der Untergrund und der Vatikan Informationen erhalten hat.«

Dalia Tamutytė ist immer noch arbeitslos.

Šiauliai

Am 25. März 1981 wurde in Šiauliai die Wohnung sowie Lagerraum und Garage der pensionierten Lehrerin Elžbieta Klimavičienė durch die Richterin Z. Siudikaitė durchsucht. Folgende Dinge wurden dabei beschlagnahmt: drei Notizbücher, Umschläge mit Adressen, 8 Kassetten, ein Brief an Nijolė Sadūnaitė, der von den »Freunden der Eucharistie« geschrieben war, 12 Foto­grafien und Bücher mit dem Titel: »Dievo Buvimas« (Existenz Gottes), »Kryžiaus Keliai« (Der Kreuzweg), »Sąžines Sąskaita« (Gewissenserfor­schung), »Dievo Akivaizda« (Gottes Gegenwart), »Pranašas Danielius« (Der Prophet Daniel) und andere. Als Zeugen fungierten Frau Janušauskienė und Anicetas Zaučius.

Vor dieser Hausdurchsuchung wurde Frau Klimavičienė bereits dreimal von Sicherheitspolizisten der Stadt Šiauliai verhört. Sie wurde beschuldigt, Bücher religiösen Inhalts gedruckt zu haben und Jugendlichen Religionswahrheiten vermittelt zu haben.

 

 

Vilnius

Im April 1981 konnte die 75 Jahre alte Großmutter Sofija Nikšienė im Komitee des Sicherheitsdienstes ihren Enkelsohn Julius Sasnauskas besu­chen. Dabei ängstigte sie der Tschekist Česnavičius nur deshalb, weil sie die Petitionen wegen Rückgabe der Kirche in Klaipėda an die Gläubigen unter­schrieben hatte, und den Protest wegen Zwangseinweisung des Petras Cidzikas in ein psychiatrisches Krankenhaus.

Er drohte: Steck' die Finger nicht zwischen die Tür — wir schließen. Ich brauche nur die Abteilung der Sozialversorgung anzurufen, und Ihre Pension wird gekürzt, — schrie Česnavičius sie an.

Die alte Frau aber war nicht einzuschüchtern. Sie sagte nur: »Meinetwegen können Sie diese Pension für sich selber kassieren...«

 

 

Vilnius

An den Direktor des Postwesens im Ministerium für Nachrichtenwesen

Durchschrift an den Direktor des Hauptpostamtes, Vilnius.

Eingabe des Jonas Sadūnas, wohnhaft in Vilnius 43, Achitektų 27 - 2.

Am 3. Oktober 1980 (Beleg Nr. 912) habe ich einen eingeschriebenen Brief mit Rückantwortschein in die Bundesrepublik Deutschland geschickt. Am 6. Oktober 1980 (Beleg Nr. 431), 8. Oktober (Beleg Nr. 82) und 18. Oktober (Beleg Nr. 348) schickte ich ebenfalls eingeschriebene Briefe mit

 

Rückantwortschein nach Israel. Die Briefe gab ich beim Hauptpostamt in Vilnius, Lenino 9 auf. Von all diesen Briefen erhielt ich nicht einen einzigen Rückantwortschein zurück. Später habe ich in Erfahrung bringen können, daß die Briefe die Empfänger nicht erreichten.

Bitte teilen Sie mir mit, warum meine eingeschriebenen Briefe die Adressaten nicht erreichten.

5. März 1981 Anlagen:

Die beim Hauptpostamt Vilnius aufgegebenen Einschreiben waren an fol­gende Adressen gerichtet:

1.        Michaela Baumann
Klostergasse 3

8850 Donauwörth Westdeutschland.

2.        Fr. Hieronymus O.F.M.
P.O.B. 186

Jerusalem Israel

 

Anmerkung: Auf diesen Brief hat der Direktor der Postverwaltung bisher nicht geantwortet.

 

An den Direktor der Dienststelle zx 385/3-5

Anfrage gestellt von Jonas Sadūnas, wohnhaft in Vilnius 43, Architektų 27-2. Seit fünf Jahren korrespondiere ich mit Petras Paulaitis. Er hatte bisher so gut wie alle meine Briefe erhalten. Doch seit einiger Zeit erhielt er lediglich vier von 16, die ich ihm schickte. Es waren nicht nur Briefe, sondern auch Karten, die konfisziert wurden. Ich schickte zwei Karten in jedem Brief. Bitte teilen Sie mir mit, was getan wird, damit P. Paulaitis alle meine Briefe erhält.

12. März 1981

Anmerkung: Auf diese Anfrage bisher keine Antwort.

 

Kaunas

 

Am 25. März 1981 fand in der Medizinischen Schule P. Mažylis in Kaunas eine atheistische Tagung statt. Eine Dozentin der Litauischen Landwirtschaft­lichen Akademie, Mikutytė, hatte die Kühnheit, in aller Öffentlichkeit zu behaupten — in Verteidigung Krimineller, die einen Feueranschlag auf Pfr. Juozas Zdebskis verübt hatten — daß der Priester »in die Poliklinik für Geschlechtskrankheiten eingeliefert gewesen sei, doch von dort fortlief, um sich privat behandeln zu lassen.«

Die vom KGB beeinflußten Agitatoren ließen ähnliche Erklärungen in ver­schiedenen anderen Orten in Litauen verlauten.

 

Kaunas

Am 25. März 1981 sandten die Gläubigen der Stadt Kaunas unter Berufung auf die Artikel 49 und 58 der Verfassung der UdSSR eine Erklärung an den Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Rates der Volksvertreter der Stadt Kaunas sowie an den Sekretär des Komitees der Litauischen Kommu­nistischen Partei in Kaunas. In der Erklärung verlangten sie, daß die Ver­ordnung Nr. 105, datiert vom 26. Februar 1975, aufgehoben und für nichtig erklärt wird. Diese Verordnung verbietet die Benutzung religiöser Bilder und Symbole in Totenhallen, das Singen religiöser Lieder, Inanspruchnahme der Dienste von Kultdienern (gemeint sind Priester — Anmerkung d. Redaktion) sowie Bestattungszeremonien mit religiösem Charakter. Die Erklärung wurde von 1916 Gläubigen unterschrieben.

 

Šiauliai

Anfang Mai 1981 verwüsteten drei junge Männer, einer von ihnen war Zvezdovas aus dem Dorf Jurgaičiai, den Kreuzberg. Sie zerbrachen und zer­störten Kreuze, Bilder, Kapellchen, Rosenkränze und warfen alles, was sie auf diese Weise entweiht hatten, auf den Boden.

Rowdies wie Zvezdovas genießen die Unterstützung der sowjetischen Re­gierung.

 

Vilnius

 

Am 11. Juni 1981 schrieb Nijolė Sadūnaitė an den Ersten Richter des Ober­sten Gerichtes der Litauischen SSR und bat um eine Kopie ihres Prozeß­urteils. Ihr Prozeß hatte vom 16. bis 17. Juni 1975 stattgefunden. Im Arbeits­lager Baraschew, Mordowien, hat die Lageradministration noch am gleichen Tag, an dem sie im Lager angekommen war, ihr die Kopie ihres Prozeß­urteils abgenommen und nicht mehr zurückgegeben, trotz schriftlicher Ein­gaben mit der Bitte, daß das Dokument ihr wieder ansgehändigt wird. Am 24. Juni erhielt sie von M. Ignotas, dem Stellvertreter des Vorsitzenden des Obersten Gerichtes der Litauischen SSR, folgendes Antwortschreiben: Wir teilen Ihnen mit, daß Ihnen eine Kopie des Urteils in Ihrem Strafprozeß einmal ausgehändigt wurde und daß ein zweites Mal Kopien von Prozeß­urteilen in dieser Kategorie von Prozessen nicht ausgestellt werden.

Anmerkung: Politischen Gefangenen werden die Urteilssprüche immer sofort abgenommen und auch nicht zurückgegeben. (Red.)

Telšiai

Im Rayon Telšiai wurden Mitglieder der Kommunistischen Jugend zu Ostern 1981 zwecks Observierung in die einzelnen Pfarreien geschickt. Am 30. April hatten sie daraufhin im Parteikomitee zu folgenden Fragen Bericht zu er­statten: Wie viele Personen haben die Kirche besucht (Männer, Frauen, Kin­der)? Wie viele haben bei der Messe ministriert? Aus wieviel Männern und Frauen besteht der Chor? Wie viele Jungen und Mädchen waren bei der Prozession?

Gargždai

An das Zentralkomitee der Litauischen Kommunistischen Partei An den Bevollmächtigten für Religiöse Angelegenheiten

Schreiben der Katholiken der Pfarrei Gargždai:

Unter Berufung auf den Artikel 52 der sowjetischen Verfassung, welcher Religions- und Gewissensfreiheit garantiert, bitten wir um die Erlaubnis, die Kirchenglocken läuten zu dürfen, wenn der Tote in die Kirche hineingeleitet und wenn er zum Friedhof hinausgeleitet wird.

Das Exekutivkomitee des Rayons Klaipėda mit Sitz in Gargždai wurde bereits mehrfach erfolglos in dieser Angelegenheit angesprochen. Aus diesem Grunde wenden wir uns an Sie.

Wir bitten Sie inständig, uns die garantierte Religionsfreiheit zu gewähren.

Ihre Antwort richten Sie bitte an nachstehende Adresse:

Rayon Klaipėda

Gargždai

Tilto 1-2

Pfr. A. Šeškevičius

1981

Unterschrieben von 1077 Gläubigen (Obiger Brief wurde gekürzt — Anmerkung der Redaktion)