Vilnius

Der Bevollmächtigte des RfR, Petras Anilionis, erlaubt dem von Bischof Julijonas Steponavičius bestätigten Priesterrat und dem Konsultorenkollegium der Erzdiözese Vilnius nicht, zu arbeiten. Er schlug dem Verwalter der Erz­diözese, Priester Algirdas Gutauskas vor, einen Kompromißpriesterrat und ein Kompromißkonsultorenkollegium zu gründen: Aus der Liste des vom Bischof bestätigten Konsultorenkollegiums müsse Priester Jonas Lauriünas wegen seiner Predigt gestrichen werden, die er am Jahrestag der Verhaftung des Priesters S. Tamkevičius in der Kirche zu Kybartai gehalten hat. Ebenso sei zu streichen Priester Algimantas Keina als Reaktionär und ehemaliges Mitglied des Komitees der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen. Aus der Liste des Priesterrates müsse Priester Kazimieras Ze-mėnas gestrichen werden, damit es Platz gibt für einen Priester, der der Regierung wohlgesonnen ist. Msgr. Juzefas Obremski ist aus dem Priesterrat ausgetreten.

Auf eine ähnliche Reorganisation warten auch der Priesterrat und das Konsul-torenkollegum der Diözese Panevėžys. Auch die beinahe nur von der Behörde des Bevollmächtigten gegründeten Priesterräte sind arbeitsunfähig — sie können nichts tun, haben nicht einmal Statuten. Den Priesterrat muß der Bischof oder der Verwalter zu einer Sitzung einberufen; er darf dies aber nur in Übereinstimmung mit dem Bevollmächtigten tun. Es wird auch verlangt, daß die zu behandelnden Fragen mit dem Bevollmächtigten abgesprochen werden

WEM NÜTZT DAS?

Als die »Chronik der LKK« erschien, wurden die Regierungsgottlosen, wie auch nicht anders zu erwarten war, unruhig. Der Bevollmächtigte des Rates für Religionsangelegenheiten wandte sich an die Bischöfe; diese sollten die »Chronik« liquidieren. Die Bischöfe erklärten, daß die »Chronik« ohne ihr Wissen geboren wurde und es sei ihnen auch nicht bekannt, wer sie heraus­gibt. Als dieses Ansinnen fehlschlug, begann der Sicherheitsdienst mit Durch­suchungen und Verhaftungen; es ergoß sich eine Flut von Gerichtsprozessen und schmerzhaften Urteilen — einige Personen verloren ihre Freiheit. Die Sicherheitsbeamten bemühten sich, einen Dialog mit Priestern anzuknüpfen, die sie verdächtigten, daß sie eine Verbindung zur »Chronik« haben könn­ten; sie versuchten ihnen zu beweisen, daß die »Chronik« der Kirche keinen Dienst erweist, erst recht nicht dem Staat, sondern nur die Lage der Kirche erschwert. Ungeachtet der Verfolgungen, Durchsuchungen, Verhöre, Ver­haftungen und unter nicht leichten Bedingungen im Untergrund erscheint die »Chronik« trotzdem auch weiterhin. Die Propaganda des Sicherheitsdienstes hat aber auch etwas erreicht: Es finden sich Priester, die der langjährigen Propaganda Glauben geschenkt haben und jetzt, es ist schwer zu erklären, ob aus Arglosigkeit oder irgendwelchen anderen Gründen, gegen die schon genannte Veröffentlichung sind.

Der Dekan von Turgeliai, Priester Kazimieras Vaičionis, wandte sich scharf gegen die »Chronik«, als er im Februar 1985 die Priesterexerzitien leitete. Seiner Meinung nach widerspricht diese Veröffentlichung dem Liebesgeist des Evangeliums, weil die Kritik die Gottlosen beleidige. Priester K. Vai­čionis verurteilte in seiner Rede das Sammeln der Unterschriften, die Pro­teste, Memoranden und die Verteidiger der Rechte. Nach Priester K. Vai­čionis muß der Gekränkte aus Liebe zu dem, der ihn kränkt, schweigen und darf sich nicht beklagen, denn sonst würde sein Hilferuf ein Vergehen gegen die Liebe sein. Analog genommen heißt das: Wenn ein Wolf ein Schaf weg­trägt, muß der Hirte im Namen der Liebe dazu schweigen und in aller Ruhe zuschauen. Im Namen der Liebe zu einem Rowdy muß man sich hinter einem Baum verstecken und darf man dem Menschen nicht zur Hilfe eilen, den dieser Rowdy zusammenschlägt und mit den Füßen bearbeitet... . Priester K. Vaičionis erkennt das Selbstverteidigungsrecht der Gläubigen und der Kirche nicht an. Ist vielleicht auch solche »Liebe« eine Liebe im Sinne des Evangeliums, wenn die kostbarsten Werte nicht verteidigt werden? »Wer sie nicht verteidigt, ist Freiheit nicht wert« — steht auf einem Denkmal.

Es ist zweifelhaft, ob Christus eine derartige »Liebe« auch befürworten würde. Er fand für die Pharisäer auch ein scharfes Wort: »übertünchte Grä­ber«, »Heuchler«. Den im Tempel versammelten Händlern zeigte Er eine Peitsche... Er verteidigte die Apostel vor den Pharisäern, als diese sie beschuldigten, das Sabbatgebot verletzt zu haben, weil diese hungrig waren und anfingen, Ähren abzurupfen und zu essen. Der Hungrige hat das Recht, zu essen. Er verteidigte eine Frau, die gesündigt hatte, Er verteidigte die Rechte des Menschen auf einen guten Namen. Er verteidigte die Rechte der Kinder, indem er sich entschieden gegen jene wandte, die einer unschuldigen Seele Ärgernis geben ... Das Evangelium schmeichelt dem Bösen nicht. Es lobt aber Johannes den Täufer, weil dieser, um die Heiligkeit der Ehe zu ver­teidigen, den Buhler Herodes »beleidigte« und dafür sterben mußte. Ähnlich haben auch die Apostel getan. Ihnen wurde verboten, über Christus zu reden, sie aber sagten, »Gott muß man mehr gehorchen als den Menschen«.

Wenn man die Meinung des Priesters K. Vaičionis vertreten will, dann könnte man auch die Kirche in Südafrika eines Vergehens gegen die Liebe beschuldigen, die für die Rechte der Neger kämpft, und die Geistlichen in Chile, die sich mit den Opfern des Regimes, die in Konzentrationslagern leiden, solidarisieren ... Wir sollten alle wissen, daß eine Tat zu verurteilen noch nicht heißt, eine Person zu verurteilen. Eine Tat könnte verurteilungs­würdig sein, die Person aber, die diese Tat vollbringt, bleibt immer achtungs­würdig. Aus der Achtung dem Menschen gegenüber darf man aber keines­falls seine Übeltaten gutheißen. »Mein Freund ist Sokrates — meiner ist Plato, der größte Freund aber ist die Wahrheit«, so wurde schon zu alten Zeiten gesagt. Unser verehrter Priester erkennt das Protestrecht für die anderen nicht an, für sich selbst macht er aber eine Ausnahme — er pro­testiert gegen jene, die die Rechte der Gläubigen verteidigen ...

Wem nützen solche Proteste? Der Kirche oder denen, die gegen die Kirche kämpfen?

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An den Vorsitzenden des Obersten Rates der UdSSR, K. Tschernenko

Abschriften: An den Vorsitzenden des Rates für Religionsangelegenheiten beim Ministerrat der UdSSR, Kurojedow

An den Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegen­heiten der SSR Litauen, P. Anilionis

Adresse für die Antwort: Telšiai, Spaudos 2 Diözesankurie

Bittschrift

der Priester der Diözese Telšiai und der Prälatur Klaipeda

Sie setzen sich sehr stark für den Frieden und für die internationale Ge­rechtigkeit ein, deswegen möchten wir Ihre Aufmerksamkeit auf die Unge­rechtigkeiten lenken, die die Gläubigen erfahren haben.

Obwohl die sowjetische Verfassung allen Bürgern Gewissensfreiheit garan­tiert, werden wir, die Priester und die Gläubigen, mit verschiedenen verfas­sungswidrigen Einschränkungen und unüberwindlichen Schwierigkeiten kon­frontiert. Hier einige der wichtigeren:

1.        1946 wurden auf Anordnung der Regierung drei Priesterseminare geschlossen; nur eines (in der Stadt Kaunas) wurde belassen, aber auch das nur mit einer geringen Zahl von Alumnen. Es ist wahr, in der letzten Zeit dürfen bis zu 30 Kandidaten jährlich aufgenommen werden, die Zahl der Priester ist aber entschieden zu gering. Allein in der Diözese Telšiai und in der Prälatur Klaipėda haben von 142 Kirchen nur 84 einen eigenen Priester, 58 Kirchen sind ohne Priester!

Außerdem sind auch noch kranke, alte und invalide Priester gezwungen, das priesterliche Amt auszuüben, die unter normalen Bedingungen in den wohl­verdienten Ruhestand gehören. Die Zahl der Priester vermindert sich in der LSSR jedes Jahr sehr stark — es sterben 2- bis 3mal mehr als neue, junge Priester geweiht werden! Die Lage verschlechtert sich katastrophal. Es finden sich sogenannte illegale, von der Regierung nicht angemeldete Priester, die das Studium auf eigene Faust absolviert haben. Das ist wahrhaftig nicht normal! Damit das alles nicht mehr vorkommt, ist es notwendig, zu erlauben, daß nicht nur 30 Kandidaten jährlich in das Interdiözesanpriesterseminar zu Kaunas aufgenommen werden, sondern so viele, wie der Episkopat der Katholischen Kirche Litauens benötigt. Wir erinnern Sie daran, daß das Prie­sterseminar zu Kaunas rein aus Spenden der Gläubigen unterhalten wird.

2.        Daß die sowjetische Regierung die katholische Kirche in Klaipeda zu Unrecht weggenommen hat, ist bis jetzt und bleibt auch weiterhin eine alte, schmerzliche, offene Wunde.

Die Kirche wurde mit Einverständnis und Erlaubnis des Ministerrates der Sowjetregierung errichtet. Die Arbeiter der Stadt Klaipėda haben sie gebaut, und das gläubige Volk Litauen hat diese Arbeit durch seine Spenden unter­stützt. Kaum war die Kirche fertig, wurde sie noch vor der Einweihung von der Sowjetregierung beschlagnahmt, der Turm abgerissen und die Kirche selbst in eine staatliche Philharmonie umgewandelt. Alle die unzähligen Ge­suche der Gläubigen von Klaipėda blieben unerhört. Die Gläubigen plagen sich ab und die in Klaipėda tätigen Priester haben große Mühe, weil das jetzige Gebetshäuschen der Stadt Klaipėda viel zu klein ist. Die Menschen quälen sich im Regen und leiden unter der Kälte, denn in dem Kirchlein gibt es für sie keinen Platz. Deswegen bitten wir Sie sehr, die ständigen Gesuche der Gläubigen von Klaipėda zu erhören, und ihnen die durch ihre Arbeit und mit ihrem Geld errichtete Kirche zurückzugeben, denn die Gläubigen von Klaipėda haben es durch ihre tägliche emsige und gewissenhafte Arbeit wirklich verdient.

3.        Die sowjetische Verfassung garantiert allen Bürgern die Gewissensfreiheit. Ein Teil der atheistischen Beamten der Ortsverwaltungen schränken aber unter Verletzung der sowjetischen Verfassung die von ihr garantierten religiösen Rechte ein. Beispielsweise geben sie sehr wenig religiöse Presse heraus, die nicht einmal die minimalsten Bedürfnisse der Gläubigen be­friedigt, verbieten den Schülern und Beamten, die Kirche zu besuchen, er­lauben nicht, den Kindern Religionsunterricht zu erteilen und sie in den Wahrheiten des Glaubens zu unterweisen, wie dies in anderen Sozialistischen Demokratischen Republiken gemacht wird.

Deswegen hoffen wir, daß die verfassungswidrigen Taten der genannten Beamten verboten werden und daß die Gläubigen nicht gehindert werden, ihren Glauben zu praktizieren.

4. Besonders betroffen und traurig wurden wir durch die jüngsten Verurtei­lungen zweier unserer Priester, Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tamkevičius, zu großen Strafen, obwohl diese nur die von der sowjetischen Verfassung garantierten religiösen Rechte der Gläubigen verteidigt haben. Jetzt wurde auch der Priester Jonas-Kąstytis Matulionis wegen seiner rein religiösen Tätigkeit festgenommen.

Deswegen bitten wir Sie, verehrter Vorsitzender, bei den entsprechenden Behörden des Staates darauf hinwirken zu wollen, daß die Akten der Priester Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tamkevičius überprüft werden; damit sie und der Priester Jonas-Kąstytis Matulionis in die Freiheit entlassen werden und ihr priesterliches Amt ungehindert ausüben dürfen.

Priester der Diözese Telšiai und der Prälatur Klaipėda:

Adomas Alminas Stanislovas Anužis Klemensas Arlauskas Albinas Arnašius Antanas Augustis Brunonas Bagužas Aloyzas Baškys Antanas Beniušis Petras Bernotas Domininkas Bivainis Juozapas Bukauskas Antanas Bunkus Bronislovas Burneikis Juozapas Butkus Liudvikas Dambrauskas Stanislovas Ežerinskas Antanas Garjonis Juozapas Gasčiūnas

Kazimieras Gasčiūnas Vincentas Gauronskis Jonas Gedvila Algis Genutis Domininkas Giedra Antanas Gylys Juozapas Grabauskas Jonas Ilskis Antanas Ivanauskas Aleksandras Jakutis Juozapas Janauskas Petras Jasas Antanas Jurgaitis Vladislovas Juškys Jonas Kauneckas Anicetas Kerpauskas Vincentas Klebonas Alfonsas Klimavičius

Bronislovas Latakas Aloyzas Lideikis Petras Lygnugaris Petras Linkevičius Petras Merliunas Juozapa Maželis Juozapas Miklovas Vytautas Mikutavičius Julijonas Miškinis Vytautas Motekaitis Petras Našlėnas Juozapas Ošlauskas Juozapas Pačinskas Jonas Pakalniškis Algirdas Pakamanis Jonas Paliukas Petras Palšis Jonas Paulauskas Jonas Petrauskas Konstantinas Petrikas Tadas Poška Antanas Petronaitis Kazimieras Priealgauskas Adolfas Pudžemys Alfonsas Pridotkas Klemansas Puidokas Petras Puzaras Bronius Racevičius Vladas Radveikis Antanas Ričkus Kazimieras Rimkus Jonas Rudzinskas Pranas Ružė

Jm Dezember 1984.

Stanislovas Samtis Vincentas Senkus Liudas Serapinas Petras Serapinas Henrikas Sirtautas Vytautas Skiparis Domininkas Skirmantas Petras Stukas Liudvikas Šarkauskas Antanas Šeškevičius Valentinas Šikšnys Zigmas Šimkus Juozas Širvaitis Juozas Šiurys Vladas Šlevas Juozas Šukys Henrikas Šulcas Tomas Švambarys Julius Tamašauskas Feliksas Valaitis Petras Venckus Konstantinas Velioniškis Leonas Veselis Vincas Velavičius Jonas Vaičiulis Antanas Zdanavičius Juozas Žeberskis Ferdinandas Zilvys Kazimieras Žukas Romualdas Zulpa Vytautas Žvirzdinas Unterschrift unleserlich Unterschrift unleserlich

Priester, die ihre Unterschrift unter diese Erklärung verweigert haben:

Jonas Beinoris, Česlovas Degutis, Zenonas Degutis, Edmundas Germanas, Juozapas Gedgaudas, Stanislovas Ilinčius, Kazimieras Macelis, Juozapas Mantvydas, Juozapas Ratalė, Antanas Striukis, Bernardas Talaišis, Vytautas Kadys.

Beim Sammeln der Unterschriften wurden die folgenden Priester zu Hause nicht angetroffen:

Bronislovas Brazdžius, Anupras Gauronskis, Kazimieras Gylys, Konstantinas Jadviršis, Izidorius Juškys, Stanislovas Vaitelis, Stanislovas Letukas, Juozapas Liutkevičius, Aloyzas Orentas, Pranciškus Satkus, Pranas Venckus, Vincas Vitkus.

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An den Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten Petras Anilionis

Stellungnahme

des Priesters Juozapas Razmantas, Pfarrer der Pfarrei Žalpiai, Rayon Keime.

Am 30. Oktober 1984 zeigte mir der Ortsvorsitzende von Kražantis ein im Namen des Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten, P. Anilionis, ausgestelltes Verwarnungsschreiben, in dem es hieß, daß ich nicht das Recht habe, in der Kirche zu Viduklė Gottesdienste abzuhalten und dort die Gläubigen zu betreuen. Ein derartiges Schreiben des Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten ist gegen die Verfassung der UdSSR, gegen die Beschlüsse von Helsinki wie auch gegen die internationalen Rechte und Gesetze, die die Regierung der Sowjetunion unterzeichnet hat.

Als der Bischof mich nach Žalpiai berufen hat, verpflichtete er mich, auch die Gläubigen der Pfarrei Viduklė aushilfsweise zu betreuen, wenn sie mich darum bitten. Es wurde mir vorgeschlagen, in Viduklė zu wohnen und von hier aus das Amt des Pfarrers von Žalpiai zu versehen, denn das zur Kirche von Žalpiai gehörende Pfarrhaus ist von den Gottlosen weggenommen wor­den und die Priester müssen in einer armseligen, heruntergekommenen, bau-fällgen Hütte hausen, die man weder ausbessern noch reparieren kann.

Beinahe die Hälfte der Pfarrei Žalpiai befindet sich innerhalb der Grenzen des Rayons Raseiniai, grenzt an die Pfarrei Viduklė, und die Grenze ver­läuft nahe an Viduklė vorbei. Die Gläubigen von Žalpiai beerdigen ihre Verstorbenen auf dem Friedhof der Pfarrei Viduklė. Ich bin also jedesmal verpflichtet, die religiösen Beerdigungszeremonien vorzunehmen und am Jahrestag des Todes oder am dreißigsten Jahr nach dem Tode den Gedenk­gottesdienst für die Verstorbenen in der Kirche von Viduklė abzuhalten, wenn die Gläubigen mich darum bitten und mich holen.

Was ich tun soll, sie betreuen oder den Gläubigen den Dienst verweigern, — das schreiben die Cañones der Kirche vor. Die Strafen wegen angemaßter oder unterlassener Diensterweisung bestimmt der Bischof, aber nicht die Exekutivkomitees. Wenn dies alles des Bevollmächtigten des RfR mißfällt, dann bitte ich ihn, seine Anschauungen diesbezüglich mit dem Bischof der Diözese abzustimmen.

Am 5. November 1984 hat die Stellvertreterin des Vorsitzenden des Rayon­exekutivkomitees von Kelmė, Lapinskienė, mich nach Kelmė vorgeladen und mir eine zweite Verwarnung aus dem Rayon Raseiniai mit demselben Inhalt wie die erste gezeigt. Zu Beginn hat die Stellvertreterin mich gescholten, warum ich nach der ersten Verwarnung am 26. Oktober an dem Gottesdienst für Priester Svarinskas in der Kirche von Viduklė teilgenommen habe, obwohl ich zu der Zeit noch keine Verwarnung bekommen hatte, denn die erste Verwarnung wurde mir erst am 30. Oktober gezeigt. Nachdem ich diese Verwarnung gesehen habe, glaube ich nicht, daß sie von dem Bevollmächtig­ten des RfR geschrieben sein kann, weil die erste überhaupt keinen Stempel trägt. In der zweiten Verwarnung kommt der Ausdruck vor: »Du hast den Verbrecher A. Svarinskas gelobt. . .« So kann sich nur ein primitiver Mensch ausdrücken, der die Priester nicht kennt, und schon gar nicht den eifrigen Priester Alfonsas Svarinskas, aber kein hoher Beamter. Außerdem wurde mir weder erlaubt, das Verwarnungsschreiben mitzunehmen noch seinen Inhalt abzuschreiben.

Der Bevollmächtigte des Rates für Religionsangelegenheiten sollte eigentlich ein Vermittler zwischen der heutigen atheistischen Regierung und uns, der Mehrheit des Volkes und seiner Priester sein. Er sollte objektiv die Arbeit der Priester durchleuchten, aber nicht die Interessen eines kleinen durch ihren Haß bekannten Häufleins von Atheisten vertreten.

Ja, der Priester A. Svarinskas ist für die Gottlosen ein »Verbrecher«. Für die Gläubigen aber ist er einer der eifrigsten, einer der geistreichsten Priester, der nicht das Amt eines Kultusdieners, sondern eines katholischen Priesters versah, der reelle Sachen und Vorkommnisse mit dem Maß der Wahrheit gemessen hat. . . Deswegen wird er gequält, aber die Qualen der Märtyrer und ihr Blut festigen nur den heiligen Glauben.

Zur Zeit der Nazis retteten und versteckten Priester die Juden, die russischen Gefangenen, kauften die Jugendlichen von der Reichsarmee frei... Heute wird für jede moralische Wahrheit gekämpft.

Da beide Verwarnungsschreiben nicht mir persönlich zugeschickt worden sind, sondern den Rayons Raseiniai und Kelmė und sie mir nicht ausgehändigt wurden, gibt es Anlaß zum Zweifeln, ob sie von dem Bevollmächtigten des RfR oder von einem racheerfüllten Häuflein von Atheisten geschrieben wor­den sind. In den Verwarnungen werde ich getadelt, weil ich ein Vergehen begangen und den Artikel 19 des Statuts der religiösen Gemeinschaften miß­achtet hätte. Das Statut der religiösen Gemeinschaften widerspricht der Ver­fassung der UdSSR, den Beschlüssen von Helsinki, der Internationalen De­klaration der Menschenrechte und den Cañones der Kirche. Das ist kein

Gesetz, sondern ein Knüppel, der den Gottlosen gegeben wurde, damit sie die Gläubigen verprügeln, die Heiligtümer entweihen und die Kreuze zer­stören können. . . Die Bischöfe und 520 Priester haben sich mit ihrer Unter­schrift gegen dieses Statut ausgesprochen. Würden sich jene, die da unter­schrieben haben, an das Statut halten, dann wären sie Heuchler.

Die Stellvertreterin des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees von Kelmė, Lapinskienė, gab mir den Rat, mit dem Rayon Raseiniai einig zu werden, um eine Erlaubnis für die religiösen Dienstleistungen zu bekommen, aber in einer Pfarrei stellt nach den Cañones der Kirche der Pfarrer der Pfarrei sol-Genehmigungen aus, und nicht die Exekutivkomitees. Bis jetzt hat noch nie­mand gehört, daß die Exekutivkomitees irgendetwas erlaubt hätten, was zum Nutzen der Kirche gewesen wäre. Im Gegenteil, sie verbieten nur dauernd und hetzen die Priester gegeneinander auf, indem sie sie in loyale und extre­mistische einteilen; sie schicken Schnüffler in die Kirche um auszukundschaf­ten, welcher Priester religiöse Handlungen vornimmt, was für Predigten er hält, wer von den Kindern oder Jugendlichen an den Gottesdiensten teil­nimmt oder während der hl. Messe ministriert.

Jawohl, den Atheisten ist alles erlaubt. Sie brauchen keine Erlaubnisse, um die religiösen Gefühle der Gläubigen beleidigen zu dürfen, um ihre Heilig­tümer zu entweihen, um die Kreuze oder Säulenkapellen zu zerstören, um altertümliche Begräbnisstätten zu schänden und die architektonischen Denk­mäler, die dort stehen, zu verwüsten (wie auf dem Berg der Mädchen und anderswo). Der Propaganda der Gottlosen ist es erlaubt, die Kinder und die Jugendlichen der Gläubigen ins Verderben oder in die Irre zu führen, den Gläubigen dagegen ist überhaupt nichts erlaubt! Man darf die Kinder nicht in den Glaubenswahrheiten unterweisen, die Kinder dürfen die Kirche nicht mehr besuchen, sich nicht an Gottesdiensten beteiligen, nicht bei der hl. Messe ministrieren und nicht am kirchlichen Gesang oder an Prozessionen teilneh­men. Dafür werden die Kinder verfolgt und bestraft, und wenn sie die Mittel­schule abschließen, werden sie nicht zur Abschlußprüfung zugelassen ... Sogar bei der Beerdigung von Verstorbenen verjagen die atheistischen Lehrer die Kinder aus der Kirche, sobald diese die mitgebrachten Kränze abgelegt haben.

Die Gläubigen werden am Besuch der heiligen Stätten gehindert, wie in Šiluva, Žemaičių Kalvarija, beim Berg der Kreuze . . . Den Kraftfahrern wurden Fahrerlaubnisse entzogen, wenn diese die Gläubigen zu den genann­ten Heiligtümern oder zu den dort stattfindenden Ablaßfeierlichkeiten fahren.

Mir scheint sogar, daß den Gottlosen schon so viel erlaubt ist, daß sie sogar die Bischöfe belehren dürfen, welche Pflichen und Rechte diese haben. Sie dürfen die Priester darauf hinweisen, wann, für wen, wie und wo sie beten bzw. religiöse Andachten abhalten dürfen.

jn Anbetracht des Gesagten und da die Verfassung der Sowjetunion, die Beschlüsse von Helsinki, internationale Abmachungen und alle Gesetze der Sowjetunion die vollkommene Glaubensfreiheit und die Freiheit in der Aus­übung der religiösen Kulthandlungen garantieren, habe ich, der ich schon im höheren Alter bin, bei der Ausübung der religiösen Handlungen, beim Aushelfen in den Nachbarpfarreien, wenn man mich persönlich darum bat, weder den Gläubigen gegenüber, noch den Cañones der Kirche gegenüber ein Vergehen begangen, auch wenn das nicht in der Kirche meiner eigenen Pfarrei war, erst recht nicht dann, wenn in Litauen mehr als 160 Kirchen ohne Priester sind, und wenn den Jugendlichen, die gerne Priester werden möchten, der Weg in das Priesterseminar versperrt wird. Deswegen habe ich solche strengen Verwarnungen mit der Drohung, strengere Maßnahmen an­zuwenden, nicht verdient; es steht nicht da, wie diese Maßnahmen aussehen werden — wie die gegen Priester A. Svarinskas oder wie die gegen Priester Popieluszko.

Wenn ich in meiner Tätigkeit als Priester oder bei den liturgischen Zeremo­nien oder in der christlichen Moral (einschließlich der Feindesliebe, die mir gebietet, nicht über die Verfolger zu schimpfen, sondern für sie zu beten) oder im Beten für die Gefangenen und die Irrenden ein Vergehen begangen haben sollte, dann bitte ich Sie, mich durch meinen Bischof zu verwarnen und nicht über die Rayonexekutivkomitees.

(An einigen Stellen wurde die Sprache ausgebessert. Bern. d. Red.)

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An den Obersten Staatsanwalt Litauens

Abschriften an die Bischöfe und Diözesanverwalter Litauens;

den Bevollmächtigten des RfR, P. Anilionis; den Vorsitzenden des Sicherheitskomitees

Erklärung

des Priester Antanas Ylius, Benefiziant der Kirche zu Joniškis, geb. am 21. 4. 1909, wohnhaft in Joniškis, Tarybų 2c.

Im Jahre 1974 hat der Stadt- und Rayonstaatsanwalt von Šiauliai, Leonavi­čius, mir gegenüber behauptet, daß ein Staatsanwalt beaufsichtigt und über­wacht, wie die Gesetze eingehalten werden. Die Gesetze verbieten aber jede Verleumdung und Lüge. Sie bestrafen solche Taten.

Darauf zurückkommend, wende ich mich an Sie, Oberster Staatsanwalt Li­tauens, und bitte Sie, Ihre Aufmerksamkeit folgenden Dingen zu schenken:

In der »Sowjetischen Enzyklopädie Litauens«, Vilnius 1981, Band VIII, Seite 319 steht geschrieben: »Prälat Konstantinas Olšauskis wurde 1929 wegen der Ermordung seiner Geliebten zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Im Jahre 1931 wurde er begnadigt.«

Nach dem Buch »Prälat Olšauskis« von J. Kauneckis, Vilnius 1962, wurde der Film »Die neun Kreise des Verfalls« gedreht. Es wäre eine unverzeihliche Schande für die Herausgeber dieser genannten Enzyklopädie und die Buches, wenn sie nicht wüßten, daß der Prozeß gegen Prälat K. Olšauskis kein Straf­prozeß, sondern ein politischer war. Plälat K. Olšauskis wurde doch ohne Nachweis seiner Schuld verurteilt. Der damalige Minister Žilinskas, der Vor­sitzende des Obersten Gerichts Grigaitis und auch die Gerichtsbeiräte haben zugegeben, daß sie Prälat K. Olšauskis ohne jeglichen Nachweis seiner Schuld verurteilt haben. Er wurde nach der Massenhysterie verurteilt, die von der ihm und der Katholischen Kirche feindlich gesinnten Presse hervorgerufen worden war und der die damalige Regierung zugestimmt hatte.

Das ist doch eine abscheuliche und unverzeihliche Verleumdung, die die Öffentlichkeit, besonders aber die Jugend, verdirbt und irreführt. Deswegen bitte ich Sie und fordere Sie auf, im Namen des Rechts, der Wahrheit und der Gerechtigkeit die dazu zuständigen Instanzen zu verpflichten, den genannten Text aus der Enzyklopädie zu streichen, die Vorführung des hergestellten Films zu verbieten, das schon genannte Buch über Prälat K. Olšauskis aus dem Verkehr zu ziehen und den durch das Buch wie auch durch den Film entstandenen moralischen Schaden wieder gutzumachen. Solche Bücher und solche Filmstreifen gereichen der sowjetischen Regierung bestimmt nicht zur Ehre.

Sie müssen als Hüter des Gesetzes darauf achten, daß durch solche Bücher und solche Filme das Ansehen der Sowjetregierung nicht gemindert wird. Solche Dinge wird die Geschichte niemals verzeihen.

Am 25. 10. 1984.

Alytus

Zum Weihnachtsfest 1984 wurde auf dem Kirchhof der Kirche von Alytus ein Weihnachtsbaumfest vorbereitet. Obwohl diese Veranstaltung nicht das erste Jahr vorbereitet wurde, mißfiel sie der Stadtverwaltung. Die Stellver­treterin des Vorsitzenden des Stadtexekutivkomitees von Alytus, Laukienė, schrie den Pfarrer von Alytus, Priester P. Račiūnas an: »Die sowjetische Regierung ist mächtig! Wir haben Mittel genug und werden mit euch fertig.« Aber schließlich waren die Verwaltungsbeamten einverstanden, eine Vorbe­reitung des Weihnachtsbaumfestes in der Kirche zu erlauben.

An dem Tag, an dem das Weihnachtsbaumfest stattfand, wurden die Schüler der Schulen von ganz Alytus verschiedenartig daran gehindert: An den Schu­len wurden verschiedene Veranstaltungen vorbereitet, die Schüler wurden in den Schulen bis zum Abend festgehalten und durch Drohungen abge­schreckt, zu dem in der Kirche vorbereiteten Weihnachtsbaumfest zu gehen. Aber trotz aller Behinderungen versammelten sich einige Tausend Kinder und Jugendliche. Ein nicht geringer Teil von ihnen ging zur Beichte und empfing die hl. Kommunion.

Zu der Zeit, als in der Kirche diese Veranstaltung stattfand, waren in der Kirche auch einige Lehrer aus jeder Schule, die die Schüler der eigenen Schule beobachten sollten. Beamte des Sicherheitsdienstes und Milizbeamte in Zivilkleidung wachten vom Anfang der Veranstaltung bis zum Ende auf dem Kirchhof.

Am 14. Februar 1985 kam die Administrativkommission beim Exekutivko­mitee des Deputiertenrates der Stadt Alytus, bestehend aus der Vorsitzenden B. Butvilienė, der Sekretärin J. Lelienė, den Mitgliedern J. Smilčienė, A. Patraitienė und A. Ivanauskas nach der Überprüfung der Administrativakte Nr. 124 in einer öffentlichen Sitzung zu dem Beschluß, daß Priester Antanas Gražulis, Sohn des Antanas, am 15. oder 18. Dezember 1984 (es ist nicht ganz leserlich, obwohl es in Wirklichkeit am 26. Dezember geschah) auf dem Kirchhof der Kirche von Alytus ein Weihnachtsbaumfest für die Kinder im vorschulischen Alter vorbereitet hat, das einen Radau verursachte, durch den die öffentliche Ordnung verletzt wurde. Damit hat er gegen die Bestimmung des Präsidiums des Obersten Rates der SSR Litauen vom 12. 5. 1966 ver­stoßen. Auf Grund der Verordnung über die Festlegung und den Einzug der Administrativstrafen, bestätigt vom Präsidium des Obersten Rates der SSR Litauen durch die Anordnung vom 19. Januar 1962, beschließt die Kommission, Priester Antanas Gražulis, Sohn des Antanas, eine Admini­strativstrafe von 50 Rubel aufzuerlegen.

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Am 14. Januar 1985 kamen Bedienstete der Verkehrspolizei der Stadt und des Rayons Alytus in das Pfarrhaus der Kirche von Alytus und teilten mit, daß am gestrigen Tag, d. h. am 13. Januar, mit dem Auto »Niva«, das dem Pfarrer, Priester P. Račiūnas gehört, bei dem Kaufladen »Žuvintas* ein Autounfall verursacht worden sei. Um die Sache zu klären, fuhr mit dem Bediensteten der Verkehrspolizei auch der junge Mann Petras Gražulis zur Verkehrspolizei. Dort wurde ihm erklärt, daß er in die Abteilung für innere Angelegenheiten zu fahren habe. Der Richter der Abteilung für innere An­gelegenheiten bestrafte dort P. Gražulis wegen angeblichen Rowdytums mit zehn Tagen Arrest.

Auf diese Weise haben die Sicherheitsbeamten mit dem Jugendlichen P. Gražulis eine Rechnung beglichen, weil dieser Unterschriften für die Priester Alfonsas Svarinskas, Sigitas Tamkevičius, Jonas-Kąstytis Matulionis und den Jugendlichen Romas Žemaitis gesammelt hatte.

Leipalingis (Rayon Lazdijai)

An den Staatsanwalt der Republik

Erklärung

des Bürgers Robertas Grigas, Sohn des Antanas, wohnhaft im Rayon Lazdijai, Leipalingis, Naujosisos 13

Am 12. Oktober dieses Jahres mußte ich von dem Flughafen unserer Haupt­stadt die Route Vilnius — Nowosibirsk fliegen. In dem Kontrollpunkt hielten mich Beamte der Miliz und des Sicherheitsdienstes an, machten bei mir eine Leibesvisitation und durchsuchten mein Handgepäck. Dabei haben die Be­amten nichts gefunden, was die Bestimmungen des Luftverkehrs zu trans­portieren verbieten. An Stelle einer Entschuldigung erklärte mir eine Zivil­person, die sich nicht vorgestellt hatte, daß sie die Briefe konfisziere, die an folgende Personen adressiert waren:

618801, Permskaja obl., Tschusowskij raj., pos. Polowinka, ucr. VS 389/37, Priester Sigitas Tamkevicius;

618263, Permskaja obl., Tschusowkij raj., pos. Kutschino, ucr. VS 389/36, Priester Alfonsas Svarinskas;

431200, Mordowskaja ASSR, Tenguschewskij raj., pos. Baraschewo, 2Z 385/3-4, Jadvyga Bieliauskiene.

Diesen Menschen bin ich, gemeinsam mit einem großen Teil des litauischen Volkes, zu Dankbarkeit für das Gute verpflichtet, das sie in die Herzen gesät haben. Man hat noch nie gehört, daß es verboten sei, Briefe an politische Gefangene zu schreiben. Als Antwort auf meine Proteste verkündeten die Durchsucher, daß ein Brief angeblich von dort abgeschickt werden müsse, wo er geschrieben worden sei.. . Da der Artikel 56 der sowjetischen Ver­fassung, der das Geheimnis der Korrespondenz garantiert, bis jetzt noch nicht widerrufen ist, bitte ich Sie, mir zu erklären, auf welcher juristischen Grund­lage diese grobe Willkür der Beamten beruht.

 

Am 15. Oktober 1984.        R. Grigas

Am 24. Dezember 1984 bekam R. Grigas eine schriftliche Vorladung zu dem Rayonstaatsanwalt von Lazdijai, Žiautys. Als der Vorgeladene nicht erschien, bekam er am 26. Dezember eine wiederholte Vorladung. Als er kam, er­kundigte sich der Staatsanwalt zuerst, warum Grigas nicht gleich auf die erste Vorladung hin gekommen sei. Nachdem der Vorgeladene erklärt hatte, daß er an so einem Tag niemals zu einer Vorladung kommen werde, sagte ihm der Staatsanwalt Žiautys, daß für die Gläubigen alle Bedingungen ge­geben seien, um religiöse Feste feiern zu können; der Staatsanwalt war der Meinung, daß die Gläubigen, um ihre religiösen Feste feiern zu können, an anderen Tagen nacharbeiten dürfen. R. Grigas war mit dieser Meinung des Staatsanwaltes nicht einverstanden, denn nach seinen Worten seien weder der Staatsanwalt Žiautys noch er selbst kleine Kinder. Sie beide wüßten ganz genau, daß die Leute wegen der Einhaltung der religiösen Feiertage aus der Arbeit entlassen werden. »Ihr sucht das, was ihr nicht verloren habt. Dein eigener Vater war sowohl für den Priester Juozas Zdebskis wie auch für den Priester Ignas Plioraitis gut genug, solang er als Lehrer tätig war. Als er aber aus der Arbeit hinausgeworfen wurde, brauchte ihn niemand mehr. Dasselbe Schicksal wartet auch auf dich«, erklärte der Staatsanwalt dem R. Grigas.

Nachdem R. Grigas gebeten hatte, über den Zweck der Vorladung zu spre­chen, las der Staatsanwalt Ziautys eine Antwort der Staatsanwaltschaft von Vilnius auf die Beschwerde von R. Grigas wegen der Beschlagnahmung der Briefe vor, die an Priester Sigitas Tamkevicius, Priester Alfonsas Svarinskas und an J. Bieliauskiene adressiert waren. Der Staatsanwalt Bakučionis teilte mit seinem Schreiben mit, daß die Briefe von R. Grigas, die im Kontrollpunkt des Flughafens von Vilnius beschlagnahmt worden seien, widerrechtlich herausgenommen wurden. Die Hilfskräfte des Zolldienstes seien verwarnt und angewiesen worden, die Dienstvorschriften in Zukunft streng einzuhalten, die Briefe selbst seien an die Adressaten weiter geleitet worden. Als Garantie dafür hat Žiautys auf die Antwort von Bakučionis auf die Beschwerde hin­gewiesen. Den Text der Antwort abzuschreiben oder eine Kopie davon aus­zuhändigen, weigerte sich der Staatsanwalt, dafür las er die Antwort noch einmal vor. Staatsanwalt Žiautys weigerte sich, R. Grigas etwas Schriftliches vorzulegen, das seine Identität nachgewiesen hätte, und zwar mit der Be­gründung, in seinem Arbeitszimmer und auf seinem Stuhl könne es keine unbefugte Person geben. Das stimmte aber nicht, denn hinter R. Grigas kam ein Mitarbeiter in das Arbeitszimmer, der sich nicht vorstellte; er hatte den ganzen Vorgang heimlich mitverfolgt.

Zarasai

Am 16. Februar 1985 wurde in Zarasai die Mutter des Pfarrers von Ka-lesnykai, des Priester Jonas Vaitonis, beerdigt. Für die Gläubigen von

Kalesnykai, die zu der Beerdigung mitgekommen waren, war in einem Re­staurant ein bescheidenes Mittagessen bestellt. Als die Teilnehmer der Be­erdigung sich zum Mittagessen versammelten, wurden sie von den Mitarbei­tern des Restaurants grob darauf hingewiesen, daß sie des Gasthauses ver­wiesen würden, wenn sich die Gläubigen bekreuzigen oder vor dem Essen beten sollten.

Das ist doch interessant! Auf Grund welcher Instruktionen haben die Mit­arbeiter eines Restaurants das Recht, das Beten vor dem Essen zu verbieten? Erst vor kurzer Zeit ermunterte der Vorsitzende des Rates für Religionsan­gelegenheiten der UdSSR, Konstantin Chartschew aus Moskau die Geistlichen im Priesterseminar zu Kaunas zur Bekreuzigung vor dem Essen, die sich in seiner Anwesenheit dies nicht getrauten. Warum redet die Obrigkeit so, wenn die Untergebenen andere Instruktionen bekommen?